1999-127 (1)

Landrat / Parlament || Bericht vom 20. November 1999 zur Vorlage 1999-127


Bericht der Erziehungs- und Kulturkommission an den Landrat


Ausrichtung staatlicher Beiträge an private Schulen auf der Volksschulstufe; Änderung des Schulgesetzes


Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen




Landratsbeschluss (Entwurf)
1. Zur Ausgangslage

Gemäss geltendem Steuer- und Finanzgesetz ermöglicht der Kanton Basellandschaft den Eltern, welche ihre Kinder in eine Privatschule schicken, einen Abzug von Maximal Fr. 4'000.- vom steuerbaren Einkommen. Der Abzug ist nur während der obligatorischen Schulzeit und nur für den Besuch einer nicht subventionierten privaten Schule möglich. Überdies besteht in einem klar definierten Rahmen die Möglichkeit, freiwillige Zuwendungen vom steuerpflichtigen Einkommen in Abzug zu bringen. Mit der Umsetzung des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern per 1. Januar 2001 fällt nun die Abzugsmöglichkeit der maximal Fr. 4'000.- dahin. Weiterhin zulässig sind Abzüge im Sinne freiwilliger Zuwendungen. Diese Änderung hat zur Folge, dass beim Kanton rund Fr. 500'000.- und bei den Gemeinden rund Fr. 300'000.- mehr Steuern pro Jahr anfallen werden. Für die betroffenen Steuerzahler bedeutet dies umgekehrt höhere Steuern.


Der Kanton Basellandschaft kennt bereits heute eine Finanzierung privater Schulen, allerdings auf der Basis eines entsprechenden Leistungsauftrags mit entsprechend ausgehandelter Abgeltung der zur erbringenden Leistung (Beispielsweise Schulangebote des Kaufmännischen Vereins, wie Kaufmännische Berufsschule, Berufsmittelschule, Bürolehre, usw., welche der privaten Trägerschaft vom Staat übertragen worden sind). Ähnlich ist die Situation bei den Sonderschulmassnahmen im IV-Bereich, wo der Kanton gemäss § 5 Abs. 4 des Schulgesetzes gemeinnützige private Institutionen mit der Umsetzung beauftragt hat.


Schliesslich besteht für Schülerinnen und Schüler mit spezieller Leistungsfähigkeit und nach entsprechender Abklärung durch eine kantonale Fachstelle die Möglichkeit, dass an die Kosten der Schulung durch einen privaten Schulträger Beiträge bis max. Fr. 16'000.- gesprochen werden können. Hier handelt es sich eindeutig um individuelle Einzelfälle.


Zur Darlegung der Ausgangslage gehört ferner das am 22.9.1998 von der Regionalen Kommission der Rudolf Steiner Schule Nordwestschweiz eingereichte Gesuch um finanzielle Unterstützung. Das Gesuch nimmt auf § 145 des Schulgesetzes Bezug, wonach der Kanton an nichtstaatliche Schulen inner- und ausserhalb des Kantons Beiträge leisten kann, sofern diese wesentliche Aufgaben übernehmen, welche die öffentlichen Schulen des Kantons und der Einwohnergemeinde nicht erbringen.




2. Gegenstand und Ziel der Vorlage


Zunächst eine negative Abgrenzung, womit sich die Vorlage nicht befasst: Nicht Gegenstand der Vorlage sind all jene Unterstützungsformen von privaten Schulen, welche auf der Grundlage einer Leistungsvereinbarung basieren. Nicht tangiert von der Vorlage sind auch jene individuellen Situationen, in denen aufgrund einer entsprechenden Indikation und nach entsprechender Abklärung durch Fachinstanzen für die Schulung durch einen privaten Schulträger im Einzelfall Beiträge gesprochen werden.


Anliegen und Inhalt der Vorlage ist einerseits das Bestreben, den Wegfall der heutigen Steuererleichterungen in geeigneter Form zu kompensieren, und andererseits den Eltern, welche für ihre Kinder den Besuch einer privaten Schule vorsehen, eine finanzielle Entlastung zukommen zu lassen, die indirekt auch als Unterstützung der privaten Schulen gewertet werden kann. Der Regierungsrat vertritt dabei die Auffassung, dass die wenigen privaten Schulen, welche aus privater Initiative und als Alternative zum staatlichen Bildungswesen aufgebaut worden sind, eine wesentliche Aufgabe übernehmen: sie stellen neben dem staatlich angebotenen Ausbildungsplatz einen zweiten Ausbildungsplatz zur Verfügung, der aufgrund besonderer, individueller Präferenzen und mit hohem finanziellen Zusatzengagement genutzt werden kann. Das private Angebot stellt eine Wahl dar und entschärft damit die Nachteile des staatlichen "Schulmonopols". Die Vorlage beschränkt sich allerdings auf eine Unterstützung während der Dauer der Pflichtschulzeit (1. bis 9. Schuljahr). Für den Besuch der nachobligatorischen Ausbildung ab Sekundarstufe II (10. bis 13. Schuljahr) bietet das öffentliche Bildungswesen bereits genügend Alternativen an, sodass aus Sicht der Regierung keine zusätzlichen "zweiten Ausbildungsplätze" staatlich mitfinanziert werden müssen.


Mit der Vorlage soll nun die gesetzliche Grundlage für die Gewährung fester, kantonaler Beiträge an die Kosten des Privatschulbesuchs während der Dauer der Schulpflicht als Ersatz für den bisher gewährten Steuerabzug und zur Unterstützung von Privatschulen als wertvolle Alternative zu den staatlichen Schulen geschaffen werden. Es ist jedoch nicht das Ziel der Vorlage, eine grundsätzliche Änderung im gesamten Gefüge der staatlichen und der privaten Schulen einzuleiten bzw. herbeizuführen.




3. Resultate der Vernehmlassung


Die Vorlage ist bei den politischen Parteien sowohl auf Zustimmung wie auch auf Ablehnung gestossen. Die Konferenz der Schulfpflegen und Aufsichtskommissionen sowie der Verband der Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten lehnen die Vorlage ab.


Verständlicherweise begrüssen die Privatschulen die Vorlage, wobei die Steiner-Schulen, welche die Vorlage z.T. ausgelöst haben, darauf hinweisen, dass sie für die Sanierung ihrer Finanzen eine Verdreifachung des Betrags benötigen würden, und dass sie die Mittel, welche sie aufgrund dieser Vorlage erhalten, zur Festsetzung eines individuell und nach sozialen Kriterien abgestuften Schulgeldes verwenden möchten.




4. Die Beratung in der Kommission


Die EKK hat die Vorlage 1999/127 am 9.9., 21.10. und 18.11.1999 jeweils in Anwesenheit von Regierungsrat Peter Schmid sowie Martin Leuenberger und Alberto Schneebeli resp. Beat Wirz (Stabsstelle Bildung) beraten. Zur Sitzung vom 21.10.1999 waren ferner Vertreter der IG Basler Privatschulen resp. der Rudolf Steiner Schule sowie ein Vertreter des Verbands der Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten zu einer Anhörung eingeladen.




4.1 Zur Stellung der Privatschulen


Die Existenzberechtigung privater Schulen wird von der Kommission in keiner Art und Weise in Frage gestellt. Die Auffassung des Regierungsrates, wonach private Schulen als Bereicherung des Bildungswesens und im Sinne einer Alternative zu verstehen sind, wird geteilt. Allerdings wird auch auf die grossen Anstrengungen der öffentlichen Staatsschulen hingewiesen, welche den vielfältigen Situationen und Leistungsfähigkeiten der Schüler durch eine Vielzahl von Massnahmen (Kleinklassen, Einführungsklassen, Stützunterricht, usw.) Rechnung tragen - dies mit grossem finanziellem und persönlichem Engagement. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass jede Privatschule eine Bewilligung braucht, damit die Einhaltung der Ziele der staatlichen Lehrpläne einigermassen gewährleistet ist. Die periodische Überprüfung der jeweiligen Schulen erfolgt allerdings nicht allzu intensiv.




4.2 Zulassungsbedingungen


Während die staatlichen Schulen im obligatorischen Bereich verpflichtet sind, jede Schülerin/jeden Schüler aufzunehmen und zu schulen (auch im Zusammenhang mit einer Rückkehr aus einer Privatschule), entscheiden bei den Privatschulen in der Regel die finanziellen Möglichkeiten der Eltern, ob ein Kind aufgenommen werden kann. Eine klare Sonderstellung nimmt diesbezüglich die Rudolf Steiner Schule ein, welche sozial und individuell abgestufte Beiträge kennt und allenfalls auch zur Gewährung von Sonderkonditionen bei speziellen finanziellen Voraussetzungen bereit ist.




4.3 Wegfall der steuerlichen Vergünstigung


Dass es eine angemessene Ablösung der heutigen Abzugsmöglichkeit von max. Fr. 4'000.- braucht, ist in der Kommission unbestritten. Dass die Ersatzlösung ausserhalb der Steuergesetzgebung liegen muss, wird zur Kenntnis genommen. In der Kommission wird jedoch Wert darauf gelegt, dass diese Ablösung den steuerzahlenden Eltern wieder zugute kommt und nicht dem privaten Schulträger zur freien Verfügung steht.




4.4 Regelung in anderen Kantonen


Die Kommission hat sich durch die Verwaltung über die bestehenden Regelungen in anderen Kantonen informieren und dokumentieren lassen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wie beispielsweise die Kantone Luzern und Tessin, kennen die wenigsten Kantone derartige Beiträge, wie sie in der Vorlage vorgesehen sind. Insbesondere wird zur Kenntnis genommen, dass die Kantone Basel-Stadt, Aargau oder Solothurn derartige Unterstützungsbeiträge nicht anbieten.




4.5 Alternative Lösungen


Ausgehend von der Feststellung, dass der Besuch einer privaten Schule in manchen Situationen für das Kind wie auch für die Eltern von Vorteil sein kann, stellt sich die Frage nach einer Indikationslösung. Bei ganz speziellen Leistungsfähigkeiten besteht diese Möglichkeit bereits; allerdings wird seitens der Verwaltung darauf hingewiesen, dass entsprechende Empfehlungen der jeweiligen Fachinstanzen bei den Gemeinden nicht selten auf Widerstand und Ablehnung stossen, weil entsprechende Kosten damit verbunden sind.




4.6 Nutzniesser von Beiträgen


Entgegen den Vorstellungen der Rudolf Steiner Schule ist die Kommission der klaren Auffassung, dass allfällige Beiträge in jedem Fall in vollem Umfang und unverändert den Eltern zukommen müssten. Es kann nicht die Aufgabe des Staates sein, sich an Defiziten einer Schule zu beteiligen und dadurch - wenn auch indirekt - Schüler resp. deren Eltern aus andern Kantonen zu unterstützen. Die Kommission ist sich mit der Regierung auch in der Frage einig, dass alle privaten Schulen - vorausgesetzt sie verfügen über eine Betriebsbewilligung - gleich behandelt werden sollen. Die Bevorzugung irgendeiner Schule lässt sich nicht rechtfertigen. Unbestritten in der Kommission war auch die Abgrenzung, wonach nur Schülerinnen und Schüler der Primarstufe sowie der Sekundarstufe I beitragsberechtigt sein sollen.




4.7 Ausgestaltung der Beiträge


Die von der Regierung vorgeschlagenen Beträge, Fr. 3'100.- (Sekundarstufe I) und Fr. 700.- (Primarschule), boten in zweierlei Hinsicht Anlass zu Diskussionen, nämlich hinsichtlich Differenzierung nach Schultyp und hinsichtlich der Frage einer Abstufung aufgrund des elterlichen Einkommens.


Ein Rückweisungsantrag verbunden mit dem Auftrag, eine nach sozialen Kriterien abgestufte Lösung vorzulegen, wurde mit 7 gegen 4 Stimmen abgelehnt. Die Ablehnung erfolgt einerseits aus grundsätzlichen Überlegungen (wer bereits hohe Steuern bezahlt, soll nicht auch noch dadurch benachteiligt werden, dass er von einer Rückerstattung an die nicht geringen Schulbeiträge ausgeschlossen wird; keine indirekte Bevorzugung einer bestimmten Schule) und andererseits aus Gründen des mit der Handhabung verbundenen Aufwandes (für die Bearbeitung wäre eine Arbeitskraft erforderlich gewesen).


Die aufgrund der für den Kanton anfallenden Kosten ermittelten Schülerpauschalen (Fr. 3'100.- resp. Fr. 700.-) sind mit zwei Nachteilen verbunden, denen eine Mehrheit der Kommission ausweichen wollte: Einerseits ist die Differenzierung für den Aussenstehenden schwer erklärbar und dürfte immer wieder zu Diskussionen Anlass geben und andererseits erzeugt sie Druck auf die Gemeinden, sich im Ausmass der Differenz (Fr. 2'400.-) ebenfalls zu beteiligen. Die Kommission hat daher im Verhältnis 6:4 einem Einheitsbetrag den Vorzug gegeben.




4.8 Beitragshöhe


Bezüglich der Beitragshöhe hat sich die Kommission in der Detailberatung auf die in der Vorlage ermittelte Grössenordnung der Gesamtkosten von rund 2,5 Mio. Franken ausgerichtet und mit einer Gegenstimme einen Beitrag von Fr. 2000.- festgelegt.




4.9 Kosten


Ausgehend von der in der Vorlage im Abschnitt 5 "Finanzielle Auswirkungen" enthaltenen, beitragsberechtigten Schülerzahlen (472 Primarschulstufe resp. 685 Stufe Sekundar I) und einem Beitrag von Fr. 2'000.- ist mit Kosten in der Höhe von insgesamt rund 2,3 Millionen Franken zu rechnen. Diesem Betrag stehen durch den Wegfall des Schulgeldabzuges rund 0,5 Mio Franken an Mehreinnahmen an Steuern gegenüber.




4.10 Postulat 1999/230 der Grünen Fraktion "Staatsbeiträge an Privatschulen"


Das an der LR-Sitzung vom 11. November 1999 überwiesene und der Kommission zur Vorprüfung übergebene Postulat wurde in der Sitzung vom 18.11.1999 ebenfalls behandelt. Das Postulat verlangt, dass nur Schüler/innen von jenen Schulen beitragsberechtigt sind, welche ein sozial abgestuftes Schulgeldreglement kennen. Nach Auffassung der Kommission (siehe dazu oben ausgeführte Darlegungen) hätte eine derartige Regelung zu einer Ungleichbehandlung der privaten Schulen geführt; indirekt würde sich der Kanton damit auch in die Tarifgestaltung der Schulen einmischen und müsste, wie im Postulat festgehalten, Minimalkriterien festlegen, damit ein Schulreglement dem Kriterium "sozial abgestuft" Stand halten würde. Die Kommission beantragt einstimmig bei einer Enthaltung, das Postulat abzulehnen.




4.11 Redaktionelle Änderungen des in der Vorlage enthaltenen Landratsbeschlusses (Entwurf)


Um klar zum Ausdruck zu bringen, dass mit dieser Gesetzesänderung die Beiträge nicht an eine Privatschule sondern die Eltern der Schüler/innen ausgerichtet werden, wird der Titel wie folgt geändert: "Beiträge im Zusammenhang mit dem Besuch privater Schulen".


Beim Abs. 1 unter Buchstabe b werden all jene Kriterien gestrichen, denen bereits bei der Betriebsbewilligung Rechnung zu tragen ist.


Der Abs. 2 wird dahingehend präzisiert, dass im 2. Satz das Wort "allein" eingefügt wird, weil in diesen Fällen die EKD abschliessend entscheidet.


Schliesslich wird der Abs. 4 materiell enger gefasst, um einer allfälligen Begehrlichkeit vorzubeugen; Beiträge kann der LR nur zum Erhalt einer Schule und lediglich in Form von zinslosen Darlehen gewähren.




5. Anträge


Die EKK beantragt einstimmig - bei 3 Enthaltungen - dem beigelegten, revidierten Entwurf eines Landratsbeschlusses zuzustimmen.


Ferner beantragt sie, das Postulat 1999/230 der Grünen Fraktion abzulehnen.




Pfeffingen, den 20. November 1999


Im Namen der Erziehungs- und Kulturkommission
Der Präsident: Eugen Tanner


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