1999-105 (1)

Landrat / Parlament || Bericht vom 14. Juni 1999 zur Vorlage 1999-105


Bericht der Umweltschutz- und Energiekommission an den Landrat


Bewilligung des Verpflichtungskredites für die Wärmezentrale ARA Birs 2 in Birsfelden (Wärmeverbund St. Jakob)


Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen




Landratsbeschluss (Entwurf/Kommissionsfassung)
1. Ausgangslage

Am Standort des ehemaligen Stadions St. Jakob entsteht die neue Überbauung St. Jakobspark mit Stadion, Altersresidenz, Läden, Restaurants etc. Diese neue Überbauung, die benachbarte St. Jakobshalle und das Sportbad haben zusammen einen jährlichen Wärmebedarf von ca. 8000 MWh. Dieser in hoher Dichte anfallende Wärmebedarf bietet beste Voraussetzungen für einen Wärmeverbund.


Ganz in der Nähe - ca. in 500 m Entfernung - befindet sich die Kläranlage Birs 2 mit einem grossen Abwasserwärmepotential und einer sanierungsbedürftigen Heizung. So ist das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie des Amtes für Umweltschutz und Energie BL (AUE BL) nicht erstaunlich, dass ein Wärmeverbund oekologisch und oekonomisch sinnvoll und interessant wäre, falls die ganze Überbauung St. Jakobspark als Wärmebezüger gewonnen werden könnte.




2. Vorlage


Anfangs 1999 hat sich die Bauträgerschaft St. Jakobspark für den Anschluss an den Wärmeverbund entschieden. Das Baudepartement Basel-Stadt wird dafür sorgen, dass die kantonalen Bauten St. Jakobshalle, Sportbad und das Garderobengebäude in den geplanten Wärmeverbund einbezogen werden können.


Nach Abklärung verschiedener Varianten soll neu neben der Wärmezentrale St. Jakobshalle (1 Blockheizkraftwerk (BHKW), 2 Gasheizkessel) die Wärmezentrale ARA Birs 2 installiert werden. Die Industriellen Werke BS (IWB) wollen als Gesamtleiter den Wärmeverbund aufbauen und betreiben. Das AUE BL will durch das Amt für Industrielle Betriebe (AIB) die Wärmezentrale auf dem Areal der ARA Birs 2 realisieren.




2.1. Wärmezentrale ARA Birs 2


Diese Wärmezentrale besteht im wesentlichen aus einer Wärmepumpe und einem zusätzlichen Heizkessel, um die Versorgungssicherheit zu gewähren. Die Wärmepumpe funktioniert so, dass sie dem gereinigten Abwasser die Wärme entzieht, sie unter Einsatz mechanischer Energie auf ein höheres Niveau hebt und dem Heizsystem zuführt. Dieses Prinzip findet auch bei den Kühlschränken Anwendung. Die durch die Wärmepumpe verursachte Abkühlung des Birswassers ist vernachlässigbar und hat keinen Einfluss auf Flora und Fauna.




2.2. Wärmeverbund


Die Wärmepumpe liefert während des ganzen Jahres den grössten Teil der Wärmeenergie. Bei Bedarf wird das BHKW St. Jakobshalle zugeschaltet. Zusammen liefern die ARA-Abwärme und das BHKW 78 % der benötigten Wärme. Die Spitzenlast decken die beiden bestehenden Erdgasheizkessel in der St. Jakobshalle, und wenn das nicht genügt - oder bei Ausfall eines der Wärmeerzeuger - der Kessel der ARA Birs 2, der mit Heizöl EL betrieben wird. Da leitungsgebundene Energie (z.B. Erdgas, Strom) in der Regel nicht zur Deckung von Reserveleistung eingesetzt wird, ist für die Wärmezentrale ARA Birs 2 ein Ölkessel und nicht ein Gaskessel vorgesehen.


Der benötigte Strom für die Elektrowärmepumpe wird zum grössten Teil vom BHKW St. Jakobshalle erzeugt. Die Leitungsbauten beschränken sich auf die Verbindungsleitung ARA Birs 2 - St. Jakobshalle und die Versorgungsleitung St. Jakobshalle - St. Jakobspark.


Der Anschluss weiterer Wärmebezüger ist möglich; die Zentrale könnte dafür allenfalls erweitert werden.




2.3. Organisation des Wärmeverbundes


Die IWB bauen und betreiben den Wärmeverbund St. Jakob. Das AIB realisiert die Wärmezentrale ARA Birs 2 und liefert die Wärme. Abgerechnet wird mit den IWB, d.h. die jährlichen Kapitaldienst- und Betriebskosten werden den IWB in Rechnung gestellt.


Von den Gesamtkosten von 4,2 Mio. Franken für den gesamten Wärmeverbund belaufen sich 1,2 Mio. für die Wärmezentrale ARA Birs 2. Kantonale und Bundessubventionen im Betrag von 1,2 Mio. werden voraussichtlich an den gesamten Wärmeverbund geleistet.




2.4. Auswirkungen auf die Umwelt


Umweltmässig schneidet dieser Wärmeverbund - verglichen mit Einzellösungen - sehr gut ab. Die Emmissionen in die Luft werden um rund die Hälfte, der Primärenergieverbrauch (Strom, Gas, Heizöl) um etwa ein Drittel reduziert. Diesem oekologischen Nutzen steht ein Mehrpreis für die abgegebene Wärme von 5 - 10 % gegenüber.




3. Kommissionsberatung


Die Umweltschutz- und Energiekommission hat die Vorlage 1999/105 an ihrer Sitzung vom 14. Juni 1999 beraten. Dabei anwesend waren Frau RR Elsbeth Schneider, der Direktionssekretär der BUD Roger Leu, Walter Dinkel, Leiter AIB, sowie Robert Puhm, AIB.


Da die Beratung dieser Vorlage aus Termingründen (Beginn der Wärmelieferung in der Heizperiode 2000) dringlich ist, konnten die Kommissionsmitglieder dem AIB vorgängig zur Sitzung Fragen einreichen. Dies sollte ermöglichen, die Vorlage an der Sitzung effizient zu behandeln.


Der grösste Teil der Fragen wurde befriedigend beantwortet. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder konnte sich somit hinter die Vorlage stellen. Die hohe Energieeffizienz, der niedrigere Schadstoffausstoss, die trotzdem nur mässig höheren Kosten, aber auch die effiziente Zusammenarbeit des AUE und AIB mit der Verwaltung von Basel-Stadt vermochten zu überzeugen. Kritisiert wurde hingegen das Eilzugstempo, mit dem die Vorlage sowohl in der Kommission als auch im Landrat behandelt werden muss. Bei der Höhe des zu bewilligenden Kredites und der Komplexität der Materie wäre etwas mehr Zeit angebracht gewesen. Die Umstände, die zu dieser Dringlichkeit führten, waren allerdings verständlich und wurden akzeptiert.


Ein Kommissionsmitglied stellte einen Rückweisungsantrag mit der Begründung, dass durch den Einsatz von hochwertiger Energie - Strom aus dem BHKW - für den Betrieb der Wärmepumpe, die Energieeffizienz mit einer Leistungsziffer von 3.5 zu gering sei. Hinzu komme, dass der verbrauchte Strom irgendwie ersetzt werden müsse, und das geschehe oft durch importierte Elektrizität aus umweltschädlichen Kohlekraftwerken. So sei im Endeffekt die gesamte Oekobilanz längst nicht so positiv wie angegeben. Es wäre besser und oekologischer, das bestehende BHKW vermehrt laufen zu lassen und ein zweites, z. B. in der Überbauung St. Jakobspark, zuzuschalten. Der Rückweisungsantrag wurde mit 7 : 1 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Wichtigstes Argument dabei war, dass sich die Bauherrschaft St. Jakobspark für den Wärmeverbund entschieden und entsprechend geplant habe.


In einem Leserbrief kritisierte auch der Direktor der St. Jakobshalle den Wärmeverbund. In der Zwischenzeit sei dieses Problem in Basel-Stadt aber mit den IWB abgesprochen und geklärt worden. Die Regierung Basel-Stadt steht hinter dem Projekt.


Was geschähe, wenn die Vorlage vom Landrat abgelehnt würde, wurde gefragt. Die wahrscheinlichste Variante ist, dass die für den Betrieb des Wärmeverbundes zuständige IWB die Wärmezentrale dennoch realisieren und selber betreiben würden. Das heisst: gleiches Projekt, doch ohne AIB.


Die Mehrheit der Umweltschutz- und Energiekommission ist für Eintreten auf diese Vorlage.




4. Anträge


Die Umweltschutz- und Energiekommission stellt den Antrag, den Punkt 3 des Landratsbeschlusses mit dem Satz "Dabei sind die in der Wärmeerzeugungsanlage ARA Birs 2 anfallenden Jahreskosten dem Wärmeverbund St. Jakob vollumfänglich in Rechnung zu stellen." zu ergänzen.


Mit 7 : 1 Stimmen bei einer Enthaltung beantragt die Umweltschutz- und Energiekommission dem Landrat, dem ergänzten Entwurf des Landratsbeschlusses betreffend "Bewilligung des Verpflichtungskredites für die Wärmezentrale ARA Birs 2 in Birsfelden (Wärmeverbund St. Jakob)" zuzustimmen.




Allschwil, 14. Juni 1999




Im Namen der Umweltschutz- und Energiekommission
Die Präsidentin: Jacqueline Halder



Back to Top