1999-162_5.htm
Landrat / Parlament || Inhalt der Vorlage 1999-162 vom 17. August 1999
Verpflichtungskredit für die Durchführung eines befristeten Sportklassenversuchs
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
5. Trägerschaften
Der Regierungsrat beabsichtigt, für die Durchführung des Sportklassen-Versuches zwei unterschiedliche Varianten zu prüfen. Einerseits ist es denkbar, die Sportklasse an einer Sekundarsschule des Kantons Basel-Landschaft anzugliedern und als «Modulklasse» zu führen. Die Massnahmen und Rahmenbedingungen für eine staatliche Sportklasse werden im Folgenden dargestellt.
Der Regierungsrat möchte aber auch die geeigneten Privatschulen in unserer Region einladen, für die Führung der Sportklasse eine Offerte einzureichen.
5.1. Sportklasse an einer staatlichen Sekundarschule
Nach dieser Variante würde die Sportklasse an einer Sekundarschule des Kantons Basel-Landschaft angegliedert und - wie erwähnt - als «Modulklasse » eingerichtet. Die modulare Form hat den Vorteil, dass bei Institutionalisierung der Sportklassen nach Abschluss der Versuchsphase weitere Sportklassen von der Aufsichtskommission begleitet und problemlos einer anderen Sekundarschule angegliedert werden können, dies je nach Wohn- und Sportort der Mehrheit der Schülerinnen und Schüler.
Die Sportklasse ist eine spezielle Mehrjahrgangsklasse mit
- 12 bis 16 Schülerinnen und Schülern
- verringertem Lektionendach (Stundentafel) pro Woche
- zusätzlichem Stütz- und Förderunterricht
- zwei Vollpensen, aufgeteilt auf 3 Hauptlehrkräfte für 90% des Unterrichts
In der Sportklasse können alle Anforderungsniveaus vertreten sein, unabhängig von Schulart und Klasse. Dies bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler der Realschule sowie der Sekundarschule in der allgemeinen respektive progymnasialen Abteilung nach individualisierenden Lehr- und Lernkonzepten zu unterrichten sind.
Die Erziehungs- und Kulturdirektion des Kantons Basel-Landschaft wird sich um die Aufnahme des Angebotes im regionalen Schulabkommen bemühen.
Die für die Sportklasse definierten Lernziele müssen erreicht werden. Eine hohe Flexibilität prägt den Sportklassenversuch und fordert alle Beteiligten (Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Schulleitung, Aufsichtskommission) in gleichem Masse.
In welchen Fächern die Lernziele verändert werden und in welchen Fächern die geltenden Lernziele erreicht werden müssen, legt der Erziehungsrat fest.
Sofern die Lernziele in der ordentlichen Schulzeit nicht erreicht werden, kann der Unterricht in die Ferienzeit verlegt und/oder Stützunterricht angeordnet werden.
Je nach Konstitution ist eine Integration in andere Klassen möglich, jedoch nicht prioritär anzustreben.
Als Stundenplan wird ein Modell vorgeschlagen mit einem verringerten Lektionendach von 25 Lektionen pro Woche, verteilt auf fünf Tage, wovon 14 Lektionen in der Klasse gehalten werden. Die Gesamtzahl an Lektionen in der Sportklasse beträgt 36, wobei die Hauptlehrkräfte und eventuell weitere Lehrkräfte bei Bedarf für Stütz- und Nachhilfeunterricht zur Verfügung stehen.
Abzusehen ist, dass sowohl die Stundentafel, als auch der Stundenplan von der definitiven Konstitution der Klasse abhängen und Anpassungen möglich sein müssen.
Im vorgeschlagenen Modell können die Schülerinnen und Schüler problemlos tagsüber eine bis zwei Trainingseinheiten absolvieren. So steht auch genügend Zeit für das Erledigen der Hausaufgaben zur Verfügung, damit die Schülerinnen und Schüler abends weniger schulische Verpflichtungen haben.
Gemeinsame Lektionen sind jeweils die zweite und dritte Morgenlektion sowie die ersten beiden Nachmittagslektionen an zwei Wochentagen.
Modell des Stundenplans
Ganzklasse | Mo1 | Mo2 | Mo3 | Mo4 | Mo5 | Na1 | Na2 | Na3 |
Montag | L | G | G | L | L | L | L | L |
Dienstag | L | G | G | L | L | G | G | - |
Mittwoch | L | G | G | L | L | L | L | - |
Donnerstag | L | G | G | L | L | G | G | - |
Freitag | L | G | G | L | L | L | L | - |
Mo 1-5: Morgenlektionen
Na 1-3: Nachmittagslektionen
L: Lektionenangebot (11 Übungs-Lektionen); mindestens 1 Lehrkraft steht für Fach-unterricht resp. Stütz- und Förderunterricht zur Verfügung
G: Ganzklasse (14 gemeinsame Lektionen als Ganzklasse); mindestens 1 Lehrkraft erteilt in dieser Zeit Fachunterricht
5.1.1. Aufnahmekriterien für die Sportklasse
Sportliche Kriterien (Prüfung durch das Sportamt)
- Sportniveau: mindestens regionale Spitze in der betreffenden Sportart, wo möglich mit Kaderzugehörigkeit a Perspektiven für mindestens eine nationale Laufbahn
- Empfehlung durch den jeweiligen Verband/Verein und Trainer/in
- Leistungsbereitschaft/Zielsetzung und Eignung des Kindes für Leistungs-/ Spitzensport = Talent
- Belastungsumfang im Sport (Anzahl der Trainings/Trainingsart/Trainingszeit) verunmöglicht Besuch des gesamten Schulpensums in einer Regelklasse
- Professionelle Vereins- / Verbandsstrukturen vorhanden: qualifizierte Trainer/-in-nen, ausgebautes zeitliches Trainingsangebot, Verfügbarkeit der Trainer/Betreuer und der Sportanlagen, Bildungslaufbahn, mehrjährige Trainings-und Wettkampfplanung
- Lösbarkeit der „technischen Probleme" (Schulweg, Weg zum Training, Mittagsverpflegung, etc.)
Schulische Kriterien (Prüfung durch das Schulinspektorat)
- Erfüllt Aufnahmekriterien für den Besuch einer Schulart der Sekundarstufe I
- Bereitschaft, alternative Lehr- und Lernmethoden (individualisierender Unterricht) zu akzeptieren
- Vereinbarung mit den Erziehungsberechtigten
5.1.2. Personelle Massnahmen
Für die Sportklasse stehen zwei Vollpensen zur Verfügung. Diese werden auf drei für die Sekundarstufe I qualifizierte Hauptlehrkräfte für 90% des Unterrichts aufgeteilt. Eine dieser Hauptlehrkräfte muss die Lehrbefähigung zur Unterrichtserteilung auf der Realstufe aufweisen.
Mit diesen Lehrpersonen der Sportklasse wird ein Arbeitsvertrag ausgehend von 42 Wochenstunden vereinbart. Geleistete Überzeit kann zusammenhängend kompensiert werden. Die traditionelle Aufteilung in Pflichtstunden und unterrichtsfreie Arbeitszeit entfällt, da sie für die flexiblen und individualisierten Unterrichtsformen in einer Sportklasse untauglich ist.
Von den Lehrkräften wird eine hohe Unterrichtsqualität und überdurchschnittliches Engagement erwartet. Nebst der Stoffvermittlung in verschiedenen Fächern und auf verschiedenen Schularten haben sie sich mit anspruchsvollen Koordinationsaufgaben von Schule, Eltern und Sportverband auseinanderzusetzen, aber auch mit der Regelung der Absenzen durch Trainingslager und Wettkämpfe sowie der Erteilung von individualisierten Unterrichtsformen (inkl. Stütz- und Nachhilfeunterricht).
Die Hauptlehrkräfte haben als Koordinationsteam die Aufgabe, die schulischen Leistungskontrollen mit der sportbezogenen Zeitplanung (Absenzen infolge Trainingslager und Wettkämpfe) sinnvoll in Übereinstimmung zu bringen.
Das Koordinationsteam ist in regelmässigem und engem Kontakt mit der örtlichen Schulleitung, der Aufsichtskommission, dem betreffenden Sportverband sowie den Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler.
Die Aufsichtskommission bestimmt eine der Hauptlehrkräfte als Schulleiterin bzw. Schulleiter.
Es kann davon ausgegangen werden, dass nebst den Hauptlehrkräften weitere Lehrkräfte einzelne Lektionen in der Sportklasse erteilen. Dies hängt einerseits von den Fächern ab, welche die Hauptlehrkräfte unterrichten können, andererseits aber auch von der Fächerkonstitution der Schülerinnen und Schüler der Sportklasse.
90% des Unterrichts werden durch die drei Hauptlehrkräfte unterrichtet.
5.1.3. Anforderungsprofil der Lehrkraft für die Sportklasse
Ausbildung:
- Qualifizierte Lehrkraft für die Sekundarstufe I mit der Lehrbefähigung für min- destens drei Fächer, davon ein Hauptfach
- Persönliche hohe Affinität zum Sport
- Kenntnisse des Vereins- und Verbandswesens sowie dessen Strukturenl- Erfahrung in der Unterrichtspraxis
Beanspruchung:
- Sicherstellung des Ausbildungsstandes und regelmässige Analysen
- Erstellen von individuellen Ausbildungsplänen, darunter auch Erteilen von Stütz- und Nachhilfeunterricht
- Periodische Besprechung mit den übrigen ordentlichen Lehrkräften
- Enge Zusammenarbeit Schule/Eltern/Verbände (Vereine)
Charakterliche Eigenschaften:
- Bereitschaft zu überdurchschnittlichem Engagement
- Verständnis für jugendliche Sportlerinnen und Sportler
- Durchsetzungsvermögen
- Anpassungsfähigkeit
- Flexibilität
5.1.4. Aufsichtskommission
Der Regierungsrat wählt die Aufsichtskommission (AK) und deren Vorsitz. Die Aufsichtskommission setzt sich aus Vertretungen des Direktionssekretariates der Erziehungs- und Kulturdirektion, des Sportamtes, des Schulinspektorates, der örtlichen Schulleitung, der örtlichen Schulpflege, einer Elternvertretung sowie einer Vertretung eines Sportverbandes zusammen. Die Aufsichtskommission nimmt nach besonderem Pflichtenheft die Funktion der Schulbehörde wahr und stellt die Lehrkräfte der Sportklasse an. Sie koordiniert und begleitet den Sportklassenversuch, bestimmt zusammen mit den Hauptlehrkräften die Aufnahme der Schülerinnen und Schüler und - falls dies erforderlich ist - die Re-Integration von Schülerinnen und Schülerin in die Regelklasse.
Die Sportklasse ist als Einheit direkt der Aufsichtskommission unterstellt (analog Aufsichtskommission Werkjahr).
Die pädagogische und fachliche Aufsicht wird durch das Schulinspektorat wahrgenommen.
Parallel zur Einführung der Sportklassen sollen im Schulversuch wie bis anhin dezentrale Individuallösungen für sportbegabte Schülerinnen und Schüler getroffen werden, die einerseits aufgrund der Strukturen ihrer Sportart, aufgrund ihres Alters oder aufgrund ihrer Schulstufe keine Möglichkeit haben, in der Sportklasse Aufnahme zu finden.
Die Schülerinnen und Schüler, mit denen Individuallösungen vereinbart werden, können wie bis anhin bei Bedarf Stütz- und Nachhilfeunterricht in Anspruch nehmen.
Die Individuallösungen sollen künftig von der Aufsichtskommission koordiniert werden.
5.1.5. Kostenübersicht
Jährlich wiederkehrende Kosten
Lohnkosten für 2 Lehrpersonen | 266'000.-- |
Sitzungsgelder Aufsichtskommission | 5'000.-- |
Sachaufwand für Lehrmittel | 10'000.-- |
Individueller Stütz- und Förderunterricht durch weitere Lehrkräfte | 25'000.-- |
Total Jährliche Kosten | Fr. 306'000.-- |
Alle in die Sportklasse aufgenommenen Schülerinnen und Schüler würden in der Regelklasse ebenfalls Kosten verursachen. Eine genaue Berechnung und damit der Kostenvergleich ist schwierig. Gemäss RSA (Regionales Schulabkommen) verursachen 16 Schülerinnen und Schüler auf der Sekundarstufe I Aufwendungen in der Höhe von Fr. 192'000.--(keine Vollkosten). Würden alle Schülerinnen und Schüler gemäss RRB „Schulung bei spezieller Leistungsfähigkeit" vom 18. März 1997 behandelt (die Voraussetzungen hierfür sind ohne Zweifel erfüllt), müsste der Kanton Beiträge in der Höhe von Fr. 259'200.--leisten.
Nach geltendem Schulgesetz sind für Realschülerinnen und Realschüler die Gemeinden kostenpflichtig. Da sich jedoch in einer Sportklasse mit max. 16 Schülerinnen und Schülern nur wenige Realschülerinnen und Realschülern befinden werden und zudem geplant ist, dass der Kanton die Trägerschaft für die Realschule übernehmen wird möchte der Regierungsrat auf eine entsprechende Verrechnung mit den Gemeinden verzichten.
Zusammenstellung der Gesamtkosten
Kosten in den Schuljahren 2000/2001-2003/2004 | 1'224'000.-- |
Evaluation | 15'000.-- |
Total | Fr. 1'239'000.-- |
5.2. Sportklasse an einer Privatschule
Der Regierungsrat beabsichtigt, nach der Verabschiedung dieser Vorlage durch den Landrat, die geeigneten Privatschulen unserer Region einzuladen, für die Führung der Sportklassen eine Offerte einzureichen. Die in der Vorlage dargelegten Zielsetzungen wären durch die entsprechende Privatschule grundsätzliche einzuhalten. Allfällige Abweichungen wären in Verhandlungen zwischen der Privatschule und der EKD auszuhandeln.
Aus der Sicht des Regierungsrates käme eine Privatschule als Trägerin der Sportklasse in Frage, wenn Sie bereit wäre, die folgenden Bedingungen zu erfüllen:
- Übernahme des vorliegenden Konzeptes
- Zusammenarbeit mit dem Sportamt und den Sportverbänden
- Einhaltung der Aufnahmekriterien
- Garantie des vom Erziehungsrat festgelegten schulischen Basisangebotes und der Lehr- und Lernziele
- örtliche Nähe zu mindestens einem geeigneten sportlichen Trainingszentrum
- Bereitschaft zur Evaluation
- finanziell (auch langfristig) günstigeres Angebotes als bei einer ausschliesslich staatlichen Lösung
Sollte sich der Regierungsrat dazu entschliessen, mit einer Privatschule eine Vereinbarung über die Führung einer Sportklasse zu treffen, so würde die beigelegte Verordnung durch einen Vertrag ersetzt. Aus naheliegenden Gründen wäre bei der Zusammenarbeit mit einer Privatschule auch keine Aufsichtskommission vorgesehen. Die Struktur der Zusammenarbeit zwischen dem Kanton und der Privatschule wäre ebenfalls in dieser Übereinkunft zu regeln.
Sowohl bei einer rein staatlichen Lösung als auch bei einer Zusammenarbeit mit einer geeigneten Privatschule ist für die Schülerinnen und Schüler der unentgeltliche Schulbesuch vorgesehen.