1999-154
Landrat / Parlament || Vorlage 1999-154 vom 27. Juli 1999
Antrag des Obergerichts an den Regierungsrat zuhanden des Landrats betreffend die Erhöhung der Präsidiumsstelle am Bezirksgericht Liestal von 100% auf 160% wegen Einführung des neuen Scheidungsrechts per 1. Januar 2000
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
Dekret (Entwurf)
1. Ausgangslage
Das Obergericht begründet seine Eingabe vom 3. Juni 1999 (Anträge des Obergerichts an den Regierungsrat zuhanden des Landrats) im wesentlichen wie folgt:
"Das Bezirksgericht Liestal sei das Gericht mit der höchsten Fallzahl pro Präsidium. Bei drohenden Engpässen werde die Anstellung von Aushilfsgerichtsschreibern ermöglicht. Beim Präsidium bestünden aber schon heute keine freien Kapazitäten.
Die Einführung des neuen Scheidungsrechts auf den 1. Januar 2000 bringe in verfahrensrechtlicher Hinsicht einen erheblichen Mehraufwand für das Präsidium und die GerichtsschreiberInnen bei Konventionalscheidungen. Statt der bisher üblichen einmaligen Anhörung der Parteien seien die Parteien mindestens drei Mal anzuhören. Neu seien auch die Kinder je nach Umständen und Alter anzuhören. Der genaue Mehraufwand sei noch nicht absehbar. Sicher sei aber, dass die drei- statt einmalige Anhörung für sich allein schon beim Bezirksgericht Liestal die äusserst knapp bemessenen Kapazitäten des Präsidiums sprengen würde. Der Antrag des Bezirksgerichts Liestal sehe deshalb eine 60%-ige Erhöhung des Bezirksgerichtspräsidiums vor. Die Pensenverteilung zwischen den beiden Gerichtspräsidien müsse flexibel gestaltet werden, falls sich dies mit einer Volkswahl vereinbaren lasse. Der Antrag des Bezirksgerichts Liestal enthalte aber auch weitere personelle Massnahmen (Erhöhung der Gerichtsschreiberstellen von 200% auf 250% und der Kanzlei - ohne Gerichtsweibel/Buchhalter - von 280% auf 330%)."
2. Zuständigkeit des Regierungsrates
Gemäss § 1 Absatz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes bestimmt der Landrat auf Antrag des Regierungsrates und nach Anhören des Obergerichts die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder.
3. Beurteilung der Anträge des Obergerichts
3.1. Erhöhung der Präsidiumsstelle beim Bezirksgericht Liestal von 100 auf 160%
Aus der Eingabe des Bezirksgerichts Liestal an die Justiz-, Polizei- und Militärdirektion vom 21. Juli 1999 (siehe Beilage, insbesondere Seite 5) geht hervor, dass das Bezirkgsgerichtspräsidium Liestal im Vergleich zu den anderen Präsidien der Bezirksgerichte klar die höchste Belastung aufweist. Angesichts der Zahl der erledigten Fälle pro 1998, aber auch der Vorjahre - in Relation zu den anderen Bezirksgerichtspräsidien - erscheint die Darstellung der Bezirksgerichtspräsidentin, dass sie schon seit Jahren gezwungen sei, ein Arbeitspensum von 125 bis 130 Prozent zu bewältigen, als glaubwürdig. Die überaus starke Belastung des Bezirksgerichts Liestal wird auch an der Zahl der Falleingänge erkennbar: Beim Bezirksgericht Sissach/Gelterkinden, das wie Liestal mit einem vollamtlichen Gerichtspräsidium ausgestattet ist, waren 1998 752 Falleingänge zu verzeichnen, für das Bezirksgericht Waldenburg (mit einem 50%-Präsidium) wurden pro 1998 deren 339 registriert. Zusammen erhielten die Bezirksgerichte Sissach/Gelterkinden und Waldenburg mit insgesamt 1,5 Präsidien 1091 neue Fälle, was in Prozenten gemessen 74% der Falleingänge am Bezirksgericht Liestal (1474) in der gleichen Zeitspanne ausmacht. Beim Bezirksgericht Arlesheim (4 vollamtliche Gerichtspräsidien) sind 1998 4778 neue Fälle eingegangen. Pro Gerichtspräsidium resultiert daraus eine durchschnittliche Belastung von 1195 neuen Fällen. Für das Bezirksgerichtspräsidium Laufen (50%-Pensum) beträgt die Anzahl neuer Fälle pro 1998 488.
Mit dem Inkrafttreten des neuen Scheidungsrechts am 1. Januar 2000 ergeben sich für die Bezirksgerichte neue Aufgaben, wobei die Bezirksgerichtspräsidentin Liestal den neu entstehenden Zusatzaufwand auf 20 bis 25% veranschlagt (Seite 3 ihrer Eingabe). Diese Annahme erscheint als realistisch, obwohl der genaue Mehraufwand in Scheidungs-/Urteilsänderungs- und Eheschutzverfahren aufgrund noch fehlender Praxiserfahrung mit dem neuen Scheidungsrecht zum heutigen Zeitpunkt nicht präzis beurteilt werden kann.
Aus der heutigen, seit Jahren bestehenden Mehrbelastung des Bezirksgerichtspräsidiums Liestal, kumuliert mit der Mehrbelastung aus dem neuen Scheidungsrecht und dem Koordinationsaufwand bei 2 Bezirksgerichtspräsidien, resultiert gemäss Einschätzung der Bezirksgerichtspräsidentin Liestal eine Mehrbelastung von 50 bis 65% für das Bezirksgerichtspräsidium.
3.2. Vorschläge für eine Aenderung des Dekrets betreffend die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder
Der Regierungsrat unterstützt den Vorschlag des Obergerichts, im erwähnten Dekret die Rahmenbedingungen für eine flexible Pensenteilung zwischen den 2 Gerichtspräsidien zu schaffen. Eine solche Lösung ist unter der Voraussetzung verfassungskonform, dass beide Präsidien vom Souverän des Gerichtsbezirks Liestal gewählt werden. In Ergänzung zum Vorschlag des Obergerichts macht der Regierungsrat beliebt, dass das Obergericht die Verteilung des Gesamtpensums von 160% nach Anhören der beiden Gerichtspräsidien regelt. Der Vorschlag des Obergerichts lässt offen, wer für die Verteilung des Gesamtpensums auf die beiden Präsidien zuständig ist.
4. Finanzielle Auswirkungen
Gemäss der geltenden Aemterklassifikation (Einreihungsplan) werden die Bezirksgerichtspräsidien in die Lohnklasse 3 eingestuft (vgl. Anhang 1 des Dekrets zum Personalgesetz, Systematische Gesetzessammlung, SGS, 150.1). Der Jahresbruttolohn (eingeschlossen 13. Monatslohn, ohne Sozialzulagen) dieser Lohnklasse beträgt zwischen Fr. 137 800 (Anlaufstufe C) und Fr. 213 000 (Dienstalterszulage, DAZ, 9). 60% davon betragen Fr. 82 680 (Anlaufstufe C) und 127 800 (DAZ 9).
5. Anträge an den Landrat
Der Regierungsrat stellt dem Landrat folgende Anträge:
1. Das Pensum des Bezirksgerichtspräsidium Liestal von heute 100 auf 160% zu erhöhen.
2. Das Dekret vom 15. Mai 1997 betreffend die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder gemäss beiliegendem Entwurf zu beschliessen.
Liestal, den
Im Namen des Regierungsrats
der Präsident:
der Landschreiber: