1999-154 (1)

Landrat / Parlament || Bericht vom 3. September 1999 zur Vorlage 1999-154


Bericht der Justiz- und Polizeikommission an den Landrat


Erhöhung der Präsidiumsstelle am Bezirksgericht Liestal von 100% auf 160% wegen Einführung des neuen Scheidungsrechts per 1. Januar 2000


Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen




Dekret betreffend die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder (Entwurf)

I. Organisation der Kommissionsarbeit


Die Justiz- und Polizeikommission (JPK) hat die Vorlage betreffend die Erhöhung der Präsidiumsstelle am Bezirksgericht Liestal anlässlich ihrer Sitzung vom 23. August 1999 in Anwesenheit von Regierungsrat Andreas Koellreuter, Stephan Mathis, Direktionssekretär der JuPoMi, Christine Baltzer, Präsidentin des Bezirksgerichts Liestal und Irene Laeuchli Bosshard, Obergerichtsschreiberin, beraten.




II. Ausgangslage


Seit Jahren ist bekannt, dass das Bezirksgerichtspräsidium Liestal sehr stark belastet ist. Obwohl die Fallzahlen allein bezüglich ihrer Aussagekraft nicht einen absoluten Massstab für die Höhe der Belastung darstellen, stellen sie doch eine brauchbare Vergleichsgrösse zu den übrigen Präsidien dar. Dabei fällt auf, dass das Bezirksgerichtspräsidium Liestal seit Jahren den Spitzenplatz einnimmt. Für Einzelheiten bezüglich der Fallzahlen sei auf die Vorlage des Regierungsrates verwiesen.


Das Bezirksgericht Liestal hat in Zusammenarbeit mit dem Obergericht bisher versucht, die zusätzliche Belastung auf der Ebene Gerichtsschreiber und Kanzleipersonal aufzufangen, nicht zuletzt auch im Wissen darum, dass ein zusätzliches Kleinpensum von rund 25% zu Koordinationsschwierigkeiten geführt hätte, welche den Entlastungseffekt zum grössten Teil hätten zunichte machen können. Die Bewältigung des Pensums und die Vermeidung von entstehenden Pendenzen setzte allerdings einen weit überdurchschnittlichen Einsatz der Präsidentin voraus, der auf Dauer nicht zumutbar ist. Das bevorstehende Inkrafttreten des neuen Scheidungsrechts ist deshalb nicht der Hauptgrund für die beantragte Pensenerhöhung, sondern letztlich einfach der berühmte Tropfen, welcher das Fass zum Überlaufen brachte. In diesem Sinne ist auch der Titel der Vorlage zu relativieren.


Da die Pensen der Präsidien der einzelnen Bezirksgerichte im Dekret betreffend die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder festgelegt sind, bedarf eine Erhöhung des bisher aus einem Vollamt bestehenden Präsidiums einer Änderung des Dekrets.




III. Zum Eintreten


Die Kommissionsmitglieder sind sich darüber einig, dass Entlastungsmasnahmen beim Bezirksgericht Liestal auch auf der Ebene Präsidium notwendig sind. Es wird zur Diskussion gestellt, ob nicht eine erhöhte Durchlässigkeit der Fälle zwischen den einzelnen Bezirksgerichten eine sach- und zeitgerechtere Lösung darstelle als die Schaffung eines zusätzlichen Präsidiums. Damit könnte eine annähernde Egalisierung der Fallzahlen zwischen den einzelnen Präsidien erreicht werden. Dem wird entgegengehalten, eine damit verbundene Durchbrechung des Prinzips der territorialen Gliederung der Bezirksgerichte könne und solle nicht bei dieser Vorlage beschlossen werden, sondern müsse gegebenenfalls im Rahmen der weiteren Schritte der laufenden Justizreform diskutiert werden.


Die Kommission ist sich darüber einig, dass die zu treffende Massnahme nicht dazu führen dürfe, die Justizreform zu erschweren. Während die vorliegende Massnahme für die Einen allerdings den Ansatz zur Schaffung eines künftigen Bezirksgerichts Oberbaselbiet darstellt, hat diese für die Anderen damit explizit keinen Zusammenhang.


Eintreten ist grundsätzlich unbestritten. Ein Antrag, an einer weiteren Sitzung nach anderen Entlastungsmöglichkeiten zu suchen und die Präsidien der anderen Bezirksgerichte ebenfalls anzuhören, wird mit 11:1 Stimmen abgelehnt.




IV. Detailberatung


1. Intensiv diskutiert wird die Frage, ob es angesichts der sich im Gang befindlichen Justizreform nicht sinnvoll wäre, ein ausserordentliches statt ein zusätzliches ordentliches Präsidium einzurichten. Da dieses nicht vom Volk gewählt würde, hätte es den Vorteil, relativ schnell eingesetzt werden zu können. Ein entsprechender Antrag wird jedoch schliesslich deutlich mit 10:1 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt, hauptsächlich mit der Begründung, es handle sich beim Bezirksgericht Liestal nicht um eine Überbelastung, welche wieder abgebaut werden kann, sondern um eine strukturelle Überbelastung. Deshalb seien die Voraussetzungen für ein ausserordentliches Präsidium nicht gegeben. Zudem gebiete der Respekt vor den Volksrechten einen zurückhaltenden Gebrauch des Instrumentariums von ausserordentlichen Präsidien.


2. Eine Minderheit der Kommission äussert Zweifel daran, ob der regierungsrätliche Entwurf, welcher zwei Präsidien mit einem Gesamtpensum von 160% vorsieht, und dem Obergericht die Kompetenz gibt, die Verteilung des Gesamtpensums auf die beiden Präsidien festzulegen, im Hinblick auf das passive Wahlrecht überhaupt rechtlich zulässig sei. Es sei für einen Kandidaten oder eine Kandidatin nicht zumutbar zu kandidieren, ohne zu wissen, ob er oder sie im Falle einer Wahl ein Teilamt von 60% oder ein Vollamt von 100% bekleidet. Dies zeigt sich beispielsweise in der Konstellation, wenn für die 160% drei Personen kandidieren, von denen zwei lediglich ein 60% Pensum anstrebten und beide gewählt würden. Deshalb sei es sinnvoller, ein vollamtliches Präsidium und ein teilamtliches Präsidium mit einem Pensum von 60% einzurichten, wobei das Obergericht auf übereinstimmenden Antrag der Präsidien die Pensen auch anders aufteilen kann. Auch damit werde die gewünschte Flexibilisierung erreicht. Ein weiterer Antrag nimmt diesen Mechanismus auf, möchte aber von zwei gleichwertigen, teilamtlichen Präsidien mit Pensen von je 80% ausgehen. Der Antrag, beide Präsidien auf 80% festzulegen, obsiegt zunächst gegenüber dem Antrag eines vollamtlichen Präsidiums kombiniert mit einem teilamtlichen Präsidium von 60% mit 6:5 Stimmen bei 1 Enthaltung. Gegen diese Anträge wird vorgebracht, es handle sich vorliegend um ein Dekret des Landrats und dieser solle sich nicht um die Pensenaufteilung kümmern. Die vom Regierungsrat vorgeschlagene Variante erhält schliesslich gegenüber dem Antrag auf Einrichtung von zwei teilamtlichen Präsidien mit je einem Pensum von 80% den Vorzug mit 7:4 Stimmen bei 1 Enthaltung.




V. Antrag


Die JPK beantragt dem Landrat mit 11:1 Stimmen


- Das Pensum des Bezirksgerichtspräsidums Liestal von heute 100% auf 160% zu erhöhen.


- Das Dekret vom 15. Mai 1997 betreffend die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder gemäss beiliegendem Entwurf zu beschliessen.




Lausen, den 3. September 1999


Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
Der Präsident: Dieter Völlmin



Dekret betreffend die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder (Entwurf)

Änderung vom


I.


Der Landrat beschliesst:


Das Dekret vom 15. Mai 1997 1 betreffend die Zahl der Gerichtskammern und der Gerichtsmitglieder wird wie folgt geändert:


§ 2 Absatz3:


Das Bezirksgericht Liestal besteht aus einer Gerichtskammer mit zwei Präsidien mit einem Gesamtpensum von 160% und sechs Richterinnen und Richtern. Das Obergericht legt die Verteilung des Gesamtpensums nach Anhören der beiden Präsidien fest.


II.


Der Regierungsrat beschliesst das Inkrafttreten.



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Fussnote:


1 GS 32.820; SGS 170.5