1999-150

Landrat / Parlament


Postulat von Esther Aeschlimann: Trotz voller Erwerbstätigkeit keine Existenzsicherung



Geschäfte des Landrates || Hinweise und Erklärungen



Autor: Esther Aeschlimann-Degen, Sozialdemokratische Fraktion (Bloch, Bucher, Chappuis, Halder, Laube, Meschberger, Nussbaumer, Plattner, Rudin Ch., Schilt, Stöcklin (11))

Eingereicht: 1. Juli 1999


Nr.: 1999-150




"Wer ein Einkommen hat, hat auch ein Auskommen" - diese Aussage hat für einige Kantonseinwohnerlnnen keine Gültigkeit.

In den vergangenen Jahren ist der Begriff working poor vermehrt in den Armutsstudien und Sozialhilfestatistiken der Schweiz aufgetaucht. Die Caritas Schweiz schlägt für working poor folgende Definition vor: Die Mitglieder eines Haushalts, der aufgrund von einer oder mehreren erwerbstätigen Personen einen Beschäftigungsgrad von mindestens 90 Prozent aufweist und in dem ein Haushaltseinkommen unter der SKOS-Amutsgrenze (Schweiz. Konferenz für Sozialhilfe) erzielt wird, werden als working poor bezeichnet. Das heisst, dass das Einkommen, das ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin aus einer Teil- oder Vollzeiterwerbstätigkeit erzielt, zur Existenzsicherung nicht ausreicht, weil der Lohn zu niedrig ist.


Gemäss der 1997 veröffentlichten nationalen Annutsstudie von R.Leu beträgt der Anteil der working poor an den Armen im Erwerbsalter ungefähr 70 Prozent, was gesamtschweizerisch rund 300'000 Personen entspricht. Die Armut der Personen im Erwerbsalter ist nicht mehrheitlich darauf zurückzuführen, dass das Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit fehlt. Rund 70 Prozent der Armen im Erwerbsalter sind arm, obwohl mindestens ein Haushaltsmitglied vollerwerbstätig ist.


Studien belegen, dass kinderreiche Familien, junge Familien, alleinstehende Männer, ungelernte ArbeitnehmerInnen, Ausländerinnen und Ausländer am stärksten unter zu niedrigen Löhnen leiden. Dabei ist die Zahl der working poor mit einem ausländischen Pass deutlich geringer als die Zahl dejenigen mit einem Schweizer Pass.


Häufig niedrige Löhne werden im Gastgewerbe, im Verkauf (Arbeit auf Abruf) und in der Textilund Bekleidungsindustrie erzielt. Das Risiko, einen tiefen Lohn zu beziehen, ist dabei für Frauen deutlich höher als für Männer. Zudem fährt ein niedriges Einkommen automatisch zu niedrigen Lohnersatz- bzw. Sozialversicherungsleistungen. Sie decken das Existenzminimum weder bei Arbeitslosigkeit noch im Pensionsalter ab. Im weiteren steigt gesamtschweizerisch die Zahl der Haushalte, die trotz Voll- oder Teilzeiterwerbstätigkeit (mindestens) eines Haushaltsmitglieds auf Beiträge der Fürsorge angewiesen sind. Es stellt sich die Frage, ob es prinzipiell zu den Aufgaben der Fürsorge gehört, die Löhne auf dem freien Markt zu "subventionieren".


Dass Erwerbsarbeit vor Armut schützt und zu sozialer Sicherheit führt, trifft für eine gewisse Anzahl von Menschen, auch im Kanton Basellandschaft, nicht zu. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass diese Gruppe in den nächsten Jahren wachsen wird.


Der Regierungsrat wird höflichst eingeladen, seine Absichten zur Verbesserung kundzutun. Es geht dabei nicht darum, neue Studien (gibt es bereits zur Genüge) zu erstellen, sondern anhand der gesicherten/geschätzten Daten geeignete Massnahmen aufzulisten.


Insbesondere sind präventiv wirksame Massnahmen gefragt, die die Höhe des Lohnes regeln sowie Massnahmen, die ungenügende Erwerbseinkommen auf ein existenzsicherndes Einkommen anheben.


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