1999-36 (1)
Landrat / Parlament || Bericht vom 11. Mai 1999 zur Vorlage 1999-036
Bericht der Justiz- und Polizeikommission an den Landrat
Massnahmen zum Abbau der Pendenzen am Verwaltungs- und Versicherungsgericht
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
I. Organisation der Kommissionsarbeit
Die Justiz- und Polizeikommission (JPK) hat die Vorlage des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Landschaft betreffend Massnahmen zum Abbau der Pendenzen am Verwaltungs- und Versicherungsgericht vom 17. Februar 1999 anlässlich ihrer Sitzungen vom 29. März 1999 und 19. April 1999 in Anwesenheit von Dr. Peter Meier, Präsident des Verwaltungs- und Versicherungsgerichts, Dr. Bruno Gutzwiller, Vizepräsident des Verwaltungs- und Versicherungsgerichts, und Stephan Mathis, Direktionssekretär der JuPoMi beraten.
II. Ausgangslage
Seit längerer Zeit steigt die Zahl der eingehenden Fälle beim Verwaltungs- und Versicherungsgericht stark an. Die Zunahme der Fälle hat verschiedene, zum Teil voneinander unabhängige Ursachen, wie die Begründung neuer Zuständigkeiten durch Änderungen des Bundesrechts, die Rechtsprechung des Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 6 EMRK, die wirtschaftliche Lage, vermehrte Prozessbereitschaft, usw.
Bereits im Jahre 1997 hat der Landrat auf Antrag des Verwaltungs- und Versicherungsgerichts vor diesem Hintergrund die Schaffung von zwei ausserordentlichen Vizepräsidien mit einem Pensum von je 30 % bewilligt. Es hat sich herausgestellt, dass diese Massnahme zum Abbau des Pendenzenberges nicht ausreichte. Vielmehr wachsen die Neuzugänge insbesondere beim Versicherungsgericht noch immer stärker an als die Zahl der erledigten Fälle. Dadurch verlängern sich die Wartefristen stetig. In einzelnen Fällen kann es aufgrund dieses Rückstaus vorkommen, dass Menschen fürsorgeabhängig werden, weil der Entscheid des Versicherungsgerichts nicht innert nützlicher und vernünftiger Frist erfolgt.
III. Konzeption der vom Verwaltungs- und Versicherungsgericht beantragten Massnahmen
Mit den in der Vorlage beantragten Massnahmen verfolgt das Verwaltungs- und Versicherungsgericht das Ziel, die Pendenzen innert 2 Jahren abzubauen. Im Rahmen von 50 - 60 zusätzlichen Gerichtssitzungen sollen die rund 350 abspruchbereiten Fälle entschieden werden und es soll gleichzeitig Gewähr dafür bestehen, inskünftig Fälle innert 3 Monaten nach Abschluss des Schriftenwechsels inkl. begründetes Urteil erledigen zu können. Die Zahl der Neuzugänge würde so mit derjenigen der Erledigungen im Einklang stehen. Die Massnahmen sollen auf allen Ebenen des Gerichtsbetriebs einsetzen, um zu verhindern, dass der Flaschenhals bloss verschoben wird. Es genügt nicht, einzig die Präsidialkapazität zu erhöhen, sondern es braucht dazu auch genug nebenamtliche Richter, Gerichtsschreiber und Kanzleipersonal.
Die nebenamtlichen Richter haben heute jährlich rund 30 Sitzungen. Die Zahl der Sitzungen wird sich im Rahmen des Abbaus des Pendenzenberges um rund 10 Sitzungen pro Jahr erhöhen.
Bei der Berechnung der notwendigen Kapazität auf Stufe Gerichtsschreiber geht die Vorlage von einer Bearbeitung von jährlich 60 Urteilen pro Gerichtsschreiber/in aus. Da an beiden Gerichten zur Zeit rund 530 Fälle abspruchbereit sind, werden verteilt auf 2 Jahre rund 5 zusätzliche Stellen benötigt. Das Verwaltungs- und Versicherungsgericht geht im weitern davon aus, dass auf der Stufe Kanzlei eine halbe zusätzliche Stelle genügt.
IV. Zum Eintreten
Es wird von allen Fraktionssprecher/innen mit Nachdruck betont, dass eine glaubwürdige Justiz die bei ihr eingegangenen Fälle innert nützlicher Frist erledigen müsse. Dies gelte insbesondere im Bereiche des Sozialversicherungsrechts, da es hier oft um existenzielle Fragen gehe und die heute übliche Verfahrensdauer von rund 18 Monaten unerträglich sei.
Da der Engpass nicht von heute auf morgen entstanden ist, wird allerdings kritisiert, die Vorlage komme zu spät und der Landrat werde angesichts der zeitlichen Dringlichkeit mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt. Begrüsst wird, dass mit der Vorlage nun ein klares Konzept vorliegt. Es wird davon ausgegangen, dass die Massnahmen einerseits notwendig, aber auch hinreichend sind zur Erreichung des definierten Zieles. Eintreten bleibt somit unbestritten.
V. Detailberatung
1. Ausserordentliche Vizepräsidien
Die JPK ist mit der Erhöhung der bestehenden a.o. Vizepräsidien um je 10 % und der Schaffung eines zusätzlichen a.o. Vizepräsidiums von 50 % einverstanden. Sie beantragt dem Landrat allerdings generell die Schaf-fung oder Erhöhung von Pensen, nicht aber die Wahl von Kandidatinnen oder Kandidaten für diese Pensen. Die JPK nimmt deshalb lediglich zur Kenntnis, dass sich die jetzigen Teilpenseninhaber/in bereit erklärt haben, ihr Pensum um je 10 % aufzustocken.
Im Weitern ist die JPK einhellig der Auffassung, die Dauer der Massnahme mit der Festsetzung eines Anfangs- und Endtermins zu befristen.
2. Entschädigung für nebenamtliche Richter
Der Antrag des Verwaltungs- und Versicherungsgerichts auf Erhöhung des festen Monatslohns der nebenamtlichen Gerichtsmitglieder wird etwas reserviert aufgenommen. Es wird festgehalten, dass seinerzeit bei analogen Massnahmen zum Abbau der Pendenzen am Obergericht die feste Entschädigung der nebenamtlichen Richter nicht erhöht wurde, und auch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Die klare Mehrheit der JPK ist jedoch der Auffassung, dass die feste Entschädigung der nebenamtlichen Richter sich auch mit der Gutheissung des Antrags in einem vernünftigen Rahmen hält und das Problem eher darin liegt, dass die Entschädigungen für Nebenämter in vielen Fällen für heutige Verhältnisse zu tief angesetzt sind. Hingegen ist die Kommission einstimmig der Ansicht, dass die Erhöhung der Entschädigung eine Änderung des Dekrets zum Personalgesetz bedarf und nicht über einen blossen Finanzbeschluss erfolgen soll.
3. Übrige Massnahmen
Auf die Kreditbegehren der Vorlage des Verwaltungs- und Versicherungsgerichts tritt die JPK nicht ein. Sie ist der Auffassung, dass die Festlegung der Zahl der Gerichtsschreiber/innen und der Kanzleistellen vom Gericht im Rahmen seiner Autonomie für die Justizverwaltung erfolgen soll. Die damit verbundenen Ausgaben sind vom Landrat im Rahmen des Budgets, allenfalls über Nachtragskredite zu bewilligen. Von der Sache her ist die JPK jedoch mit den diese Kosten auslösenden Massnahmen einverstanden.
VI. Anträge
Die JPK beantragt dem Landrat einstimmig:
1. Für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2001 werden die beiden bestehenden a.o. Vizepräsidien des Versicherungsgericht von derzeit je 30 % auf 40 % erhöht. Zugleich wird für gleiche Dauer ein weiteres a.o. Vizepräsidium von 50 % geschaffen.
2. Von der Erhöhung der Gerichtsschreiberstellen von derzeit 6,8 auf 12 und die Schaffung einer 50 %-Sekretariatsstelle als Massnahmen zum Abbau der Pendenzen am Verwaltungs- und Versicherungsgericht wird zustimmend Kenntnis genommen.
Die JPK beantragt dem Landrat mit 9 : 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen:
3. § 18 des Dekrets zum Personalgesetz wird durch einen neuen Abs. 1 bis ergänzt, lautend:
„Für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis zum 30. Juni 2001 wird der feste Monatslohn für die Vizepräsidentin bzw. den Vizepräsidenten und die Mitglieder des Verwaltungsgerichts gemäss Absatz 1 Buchstabe b um Fr. 450.- erhöht."
Lausen, den 11. Mai 1999
Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
Der Präsident: Dieter Völlmin