Vorlage 1999-027: Massnahmenpaket zum Schutz von Augusta Raurica

Landrat / Parlament || Inhalt der Vorlage 1999-027 vom 9. Februar 1999


Massnahmenpaket zum Schutz von Augusta Raurica mit Änderungen des Regionalen Detailplanes „Augusta Raurica" (Kant. Nutzungsplan) und Krediterteilung für Landerwerb


Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen





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5 DER ZISTERNENFUND IM VIOLENRIED


5.1 „Entdeckung des Jahrzehnts"


Innerhalb der seit Juni 1997 laufenden Grossgrabung im Areal des Werkplatzes der Firma E. Frey AG (LRB vom 10. April 1997) stiess das Grabungsteam der Römerstadt Augusta Raurica im Frühsommer 1998 auf eine Baustruktur, die auch unter den reichen Befunden, die man in Augst gewohnt ist, eine Ausnahme darstellt: Entdeckt wurde ein vollständig erhaltener, nur zum geringsten Teil mit Schutt angefüllter, unterirdischer Kuppelbau. Kleine Luftschächte ermöglichten Einblicke in einen Raum, der seit rund 1700 Jahren nicht mehr betreten worden ist - sowohl für altgediente ArchäologInnen als auch für ein mitteleuropäisches Publikum ein besonderes, weil hierzulande äusserst rares Ereignis! In der Antike war der Raum über eine steile, übertunnelte Rampe zugänglich, die heute teilweise durch herunterrieselnden Schutt zugefüllt ist. Etwas vom Scheitelpunkt der halbkugelförmigen Hauptkuppel versetzt wurde auch ein gemauerter brunnenartiger Schöpfschacht entdeckt.


Dieses Zeugnis aus der Römerzeit ist sowohl von der Anlage her als auch wegen seiner vorzüglichen Erhaltung einmalig. Um der unberührten Fundsituation in jeder Hinsicht gerecht zu werden, hat das Grabungsteam den Zugang bisher nicht erzwungen, sondern will den Raum erst 1999 im Rahmen einer regelrechten Tunnelgrabung erforschen und dokumentieren. Ziel der Aktion ist es, die gesamte Konstruktion optimal zu untersuchen und gleichzeitig zu konservieren, um sie integral als zugängliches Monument erhalten zu können.


Möglich ist dies nicht zuletzt durch das Entgegenkommen des Grundbesitzers Ernst Frey, der sofort von der Einmaligkeit der Anlage überzeugt war. Er hat von sich aus klar zu verstehen gegeben, dass ihm sehr an einer sorgfältigen Erforschung, aber auch an einer Erhaltung des Monuments für die Öffentlichkeit gelegen ist, selbst wenn dies mit Einschränkungen für den Werkhof seines Tiefbauunternehmens oder mit Änderungen seines Bauvorhabens verbunden sein sollte.


5.2 Das Monument: Bewertung und Interpretation


Intakt erhaltene Gebäude oder Gebäudeteile aus römischer Zeit sind nördlich der Alpen extrem selten. Absolute Raritäten sind jedoch integral erhaltene Bauwerke, die seit der Antike nicht mehr verändert worden sind. Schon aus diesem Grund kommt der Konstruktion im Areal E. Frey AG eine ganz besondere Bedeutung zu.


Zudem handelt es sich wahrscheinlich um eine Zisterne, um einen Bautypus also, der in den wasserreichen Gebieten Mitteleuropas nur in Ausnahmefällen anzutreffen ist. In Augst ist eine solche Konstruktion umso weniger zu erwarten, da die Stadt über eine gut ausgebaute und nach den wissenschaftlichen Berechnungen auch völlig ausreichende Frischwasserversorgung für ihre 20'000 Einwohnerinnen und Einwohner verfügte.


Die neu entdeckte Anlage muss im Zusammenhang mit dem 1997 im Areal E. Frey AG entdeckten und freigelegten, verhältnismässig grossen Badegebäude gesehen werden: Lage und Grösse sprechen für ein Privatbad, das gegen Eintritt benützt werden konnte. Der Besitzer wollte offenbar eigenes Wasser zur Verfügung haben und legte darum eine Zisterne an, worin Dachwasser von Gebäuden der Umgebung gesammelt werden konnte. Über einen Rundschacht konnte das Wasser mittels eines Göpelwerkes (Kübelförderband) in das Wasserleitungssystem des Badegebäudes geschöpft werden. Die Besonderheit des Bautypus und der archäologisch nachweisbare Zusammenhang unterstützen die hohe Bedeutung des Fundes.


Die Einzigartigkeit des Bauwerks ist ausserdem bei einem Augenschein durch den Experten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege des Bundeamtes für Kultur bestätigt worden - die Erhaltung des unterirdischen Gewölbesystems wurde dringlich empfohlen.


5.3 Das Ziel: eine neue Besucherattraktion


Wie erwähnt, ist für 1999 die vollständige Untersuchung des Bauwerkes vorgesehen. Teilweise zeitgleich, teilweise gleich anschliessend werden die notwendigen Konservierungsmassnahmen getroffen. Im Jahre 2000 soll die Umgebung ausgestaltet werden, wobei vorgesehen ist, den Grundriss des Bades sichtbar zu machen, damit das Kuppelbauwerk von den Besucherinnen und Besuchern in seinem Umfeld erlebt werden kann. Die wenige Meter neben dem Gewölbestystem erhaltenen Stützmauern, die einst die Abhänge des heute an dieser Stelle verschwundenen Kastelen-Hügels stützten, sollen ebenfalls durch Konservierungsarbeiten sichtbar gemacht werden. Auf Schautafeln soll das Aussehen der Bauten und ihrer Umgebung veranschaulicht, der römische Badebetrieb illustriert und die Zisterne erläutert werden. Die Römerstadt Augusta Raurica gewinnt damit ein neues, attraktives Besuchsziel. Es liegt direkt neben dem bereits gut erschlossenen und vielbesuchten ehemaligen Stadtzentrum mit Forum, Curia und der Villenanlage am „Schneckenberg".


Eingeschlossen im Projekt ist die Verwirklichung eines langgehegten Wunsches: Mit einer Fussgängerbrücke über das Tobel des Violenbachs und einem Weg durch das „Violenried" soll endlich ein direkter, sicherer und attraktiv gestalteter Zugang vom Bahnhof Kaiseraugst zur Römerstadt geschaffen werden. Dies ist nicht zuletzt im Hinblick auf die Sicherheit der zahlreichen Schulklassen wichtig, die meist per Bahn anreisen und auf dem Weg zum römischen Freilichtmuseum die vielbefahrene Hauptstrasse überqueren müssen.


5.4 Massnahmen und Finanzierung


5.4.1 Stand der Dinge


In Verhandlungen mit den beteiligten Grundstücksbesitzern konnte das Amt für Liegenschaftsverkehr der Bau- und Umweltschutzdirektion eine allseits befriedigende Lösung aushandeln. Sie sieht vor, dass die Firma E. Frey AG das Areal, in welchem das unterirdische Bauwerk liegt, an den Kanton verkauft. Damit das Areal des Tiefbau-Werkhofes keine Einbusse erleidet, wird die Firma Frey AG ein gleich grosses Areal im anschliessenden „Violenried" erwerben und dem Werkplatz angliedern (ca. 1000 m 2 ). Ferner wird der Kanton einen Landstreifen entlang des Werkhofareals erwerben, der die Anlage einer breiten Baumhecke sowie die Konstruktion eines Fussweges ermöglicht. Sowohl die Pflanzung der Hecke als auch der Verbindungsweg über den Violenbach sind im Zonen- bzw. im Strassennetzplan vorgegeben.


5.4.2 Notwendige Änderungen im Regionalen Detailplan (Kant. Nutzungsplan)


Da das Violenried per Landratsbeschluss Nr. 3233 vom 2. Februar 1987 der Landwirtschaftszone im Regionalen Detailplan „Augusta Raurica" zugeschlagen worden ist, wird die für die Umsetzung des Projekts notwendige partielle Umzonung wiederum dem Landrat vorgelegt. Es geht um die Umzonung des für die Werkhoferweiterung notwendigen Areals der Parzelle 237 von der Landwirtschaftszone (mit Überlagerung Landschaftsschutz) in die Gewerbezone. Dabei ist zu beachten, dass aus archäologischer Sicht das Land ungestört bleibt und infolgedessen keine Bodeneingriffe (und so auch keine tiefen Fundamente für Hochbauten) zulässig sind. Im Gegenzug soll der entsprechende Teil der Parzelle 232 von der Gewerbezone in die Archäologische Schutzzone umgezont werden, ebenso die vom Kanton erworbene Teilfläche in Parzelle 237. Im Sinne des Natur- und Landschaftsschutzes soll die neu entstehende Südgrenze des Werkhofareals mit einem Gehölzgürtel gemäss bestehendem Zonenplan versehen werden.


Unter der Berücksichtigung der oben genannten Aspekte wird folgende Zonenplanänderung beantragt:


· Umzonung einer Teilfläche (1, gemäss beiliegendem Plan) von ca. 1064 m 2 der Parzelle 232 (Werkhof, Fundort Gewölbe) von der Gewerbezone G1 in die Archäologische Schutzzone.


· Umzonung einer Teilfläche (2) von ca. 1064 m 2 der Parzelle 237 (Violenried) von der Landwirtschaftszone (mit Überlagerung Landschaftsschutz) in Gewerbezone G1, mit einer Nutzungseinschränkung in Bezug auf Bodeneingriffe.


· Umzonung einer Teilfläche (3) von ca. 2681 m 2 der Parzelle 237 (Violenried) von der Landwirtschaftszone (mit Überlagerung Landschaftsschutz) in die Archäologische Schutzzone.


5.4.3 Keine zusätzlichen Kosten


Die Landkäufe sowie die Kosten für die Umgebungsgestaltung des neu erworbenen Areals (Stützmauern, Hecken) sind vollumfänglich durch die vom Landrat am 7. Juni 1984 und am 2. Februar 1987 verabschiedeten Verpflichtungskedite für vorsorgliche Landkäufe im Perimeter der Römerstadt gedeckt. Die 1999 und 2000 vorgesehenen Ausgrabungs-, Konservierungs- und Erschliessungsarbeiten innerhalb des Areals werden über das reguläre Ausgrabungs- und Konservierungsbudget der Hauptabteilung Römerstadt Augusta Raurica finanziert. Dem Kanton entstehen durch den Umzonungsbeschluss und entsprechender Anpassung des Regionalen Detailplans (Kantonaler Nutzungsplan gemäss § 12 RBG vom 8. Januar 1998) folglich keine zusätzlichen Kosten, weil das gesamte Projekt mit bereits bewilligten Krediten oder aus ordentlichen Mitteln finanziert werden kann.


5.5 Schluss


Mit einer einfachen Umzonung im „Violenried" und ohne zusätzliche Kosten kommt die Römerstadt Augusta Raurica zu einer neuen Besucherattraktion und - in einem weiteren Schritt - auch endlich zu einem sicheren und ansprechenden Zugangsweg für die BenützerInnen des öffentlichen Verkehrs.


Fortsetzung


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