Ausbau der Kantonsstrassen im Ortskern von Seltisberg
Landrat / Parlament || Inhalt der Vorlage 1999-026 vom 9. Februar 1999
Ausbau der Kantonsstrassen im Ortskern von Seltisberg
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
4 Das Projekt
4.1 Grundlagen und Randbedingungen
Für die Erarbeitung des Bauprojektes wurden folgende Grundlagen verwendet resp. Randbedingungen eingehalten:
- Rechtskräftige Baulinienpläne der Kantonsstrassen
- Gültige Ortskernplanung Seltisberg
- Gültiger kommunaler Strassennetzplan
- Richtlinien und Typenpläne Tiefbauamt BL
- Ergebnisse der Vernehmlassung zum Vorprojekt 1997
4.2 Verkehrskonzept IV / OeV
Die durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) beträgt für die Hauptstrasse im Ortskern ca. 1000 Mfz (1995). Für die Bubendörferstrasse und den Kilchweg liegt die DTV unter 1000 Mfz (1995). Für den Individual- und den Busverkehr soll eine dem Ortskern von Seltisberg und der Verkehrsbelastung angepasste Fahrbahn zur Verfügung gestellt werden.
Der Hauptstrasse wird von der Postautolinie Nr. 72 Liestal - Seltisberg - Lupsingen - Büren befahren. Die beiden Bushaltestellen "Post" und "Alte Post" werden an ihren Standorten beibehalten resp. nur geringfügig verschoben. Es werden auch keine neuen Haltenischen ausgebildet. Die bestehende Busnische "Post" Südrichtung wird beibehalten.
4.3 Projektbeschrieb
4.3.1 Linienführung
Die Linienführung der neuen Strasse richtet sich weitgehend nach der bisherigen bestehenden Fahrbahn. Es wurden bewusst keine Begradigungen vorgenommen. Die bestehenden leichten Kurven in den geradlinigen Strecken wurden übernommen oder sogar verstärkt, um die verkehrsberuhigende Wirkung zu erhalten und das Strassenbild nicht zu verändern. Die vorgesehene Fahrbahngeometrie ermöglicht eine sehr sanfte Strassenkorrektion.
Im Bereich des Dorfplatzes und des Dorfladens werden Kurvenaussenradien (R = 39 m und
R = 14 m) angewendet, die nur Geschwindigkeiten weit unter 50 km/h erlauben.
Beim Dorfplatz wurde das heutige Verkehrsregime in dem Sinne geändert, dass die Bubendörferstrasse neu als T-Einmündung ausgebildet wird. Diese Lösung ist verkehrstechnisch sicherer und es entstehen grössere Geh- und Platzbereiche. Der Brunnen muss jedoch verschoben werden.
Im Bereich der Mehrzweckhalle und am Dorfausgang gegen Lupsingen wurden auf Anregung des Gemeinderates Einfahrtsbremsen in Form von Fahrbahnaufweitungen mit Mittelinseln ins Projekt aufgenommen.
Die Verkehrssicherheit der Fussgänger im Bereich der Einmündung von Nebenstrassen ist gewährleistet. Die Übersichtlichkeit wird sich infolge der als Sichtberme wirkenden Gehbereiche gegenüber heute wesentlich verbessern und die normgemässen Sichtbedingungen werden erfüllt.
Im Bereich Einmündung Im Zagenacker bis Mehrzweckhalle besteht der Ausbau nur aus einer einseitigen Verschiebung des Fahrbahnrandes auf eine Länge von ca. 70 m im Zusammenhang mit der neuen Mittelinsel. Dieses Strassenstück ist im Zuge des Ausbaus der Gesamtstrecke von der Mehrzweckhalle bis zur Gemeindegrenze Richtung Liestal in den Jahren 1969/70 mit 7 m Fahrbahnbreite neu erstellt worden.
Bezüglich der vertikalen Linienführung ergeben sich in Anlehnung an die heutigen Höhenverhältnisse folgende Längsneigungen:
- Abschnitt Dorfplatz Richtung Lupsingen
Richtung Lupsingen fallend mit einem Gefälle zwischen 0.5 und 2,4 %.
- Abschnitt Dorfplatz Richtung Liestal
Vom Dorfplatz bis zur Kuppe im Bereich des Einschlagweges steigt die Strasse mit 1,8 bis 2,9 %. Ab der Kuppe fällt die Strasse mit ca. 4 % Richtung Liestal.
- Abschnitt Bubendörferstrasse
Richtung Bubendorf fallend mit einem Gefälle von 3 bis 9 %.
- Die Anpassung des Kilchwegs erfolgt auf der gleichen Höhenlage wie die bisherige Fahrbahn.
Im Bereich von Gemeindestrasseneinmündungen sind Anpassungen an die baulich bestehenden Ränder vorgesehen. Zukünftige Gemeindestrasseneinmündungen sind gemäss gültiger Planung der Gemeinde berücksichtigt.
Bei der Festlegung der Randgeometrie wurde eine ausgewogene, beidseitig gleichmässige Inanspruchnahme der Privatgrundstücke angestrebt. Dieser Grundsatz konnte jedoch oft nicht eingehalten werden, weil andere Kriterien stärker gewichtet wurden.
4.3.2 Querschnitt
Entsprechend der Funktion und Bedeutung der Hauptstrasse im Ortskern (Kategorie 1, weniger wichtige übrige Kantonstrassen) wurden folgende grundsätzlichen Querschnittsbreiten festgelegt:
- Fahrbahn Hauptstrasse: 6.00 m; falls technisch (z.B. ohne Hausabbruch) nicht realisierbar, sind örtliche Einengungen auf 5.50 m möglich
- Gehbereiche Hauptstrasse: Mindestens einseitig durchgehend 1.50 m breit als Trottoir oder Gehbereich
- Bushaltestellen: Bushalte grundsätzlich auf der Fahrbahn, bestehende Busnische aber beibehalten
Die angestrebte Fahrbahnbreite von 6.00 m wurde bis auf drei örtliche Verschmälerungen auf 5.50 m eingehalten.
Im Bereich der Einmündung Einschlagweg muss die Fahrbahn auf eine Länge von ca. 40 m auf 5.50 m reduziert werden, damit bei der Liegenschaft Parz. 29 ein minimaler Gehbereich (0.90 m) gewährleistet ist und bei der Liegenschaft Parz. 59 der Dachvorsprung nicht ins Lichtraumprofil ragt.
Beim „Brennhüsli" wurde die Fahrbahn auf Wunsch des Gemeinderates ebenfalls auf 5.50 m verschmälert, damit auch dort ein minimaler Gehbereich von 0.90 m längs der Strasse realisiert werden kann.
Zum Zwecke der Verkehrsberuhigung verlangte der Gemeinderat bei Haus Nr. 57 auch eine Verschmälerung der Fahrbahn auf 5.50 m.
Im Bereich des Friedhofes wird im Zusammenhang mit der Einfahrtsbremse bei der Mehrzweckhalle die heute 7.00 m breite Fahrbahn auf 6.00 m reduziert.
Der Ausbau des Anschlusses Bubendörferstrasse ist in Anlehnung an die bestehenden engen Verhältnisse mit variablen Fahrbahnbreiten von 4.50 m bis 5.50 m vorgesehen.
Der Kilchweg wird mit der bisherigen Breite von 5.50 m beibehalten.
Im Bereich Dorfplatz/Dorfladen sind Kurvenverbreiterungen berücksichtigt, so dass Kreuzungsmanöver Lastwagen/Personenwagen (LW/PW) gewährleistet sind. In der engen Kurve beim Dorfladen ist wie bisher ein Kreuzen LW/PW aus Platzgründen nicht möglich.
Im ganzen Abschnitt Mehrzweckhalle - Dorfplatz - Kilchweg sind durchgehend beidseitig Gehbereiche vorgesehen. Zum grössten Teil können diese über Gehrechte auf den privaten Vorplätzen erwirkt und gestaltet werden.
Vom Kilchweg bis zur westlichen Projektgrenze (Richtung Lupsingen) genügt ein einseitiges Trottoir auf der Südseite. An diese Strassenseite grenzt das grössere Siedlungsgebiet. Dies entspricht auch dem Begehren der Gemeinde Seltisberg.
Die Gehbereiche können bis auf wenige Engpässe mit einer minimalen Breite von 1.50 m gewährleistet werden. Die Engpässe ergeben sich im Bereich der nahe an der Strasse stehenden Gebäude. Die örtlichen Einengungen bei den Hausecken weisen minimale Breiten von mind. 0.80 m - 0.90 m auf. Die kritischen Stellen sind im Situationsplan vermasst.
Auf dem Dorfplatz ist auch entlang der Parzellen Nr. 119 und 1145 ein Gehbereich vorgesehen, obwohl gemäss kommunaler Planung darauf verzichtet werden könnte, weil hinter den Liegenschaften ein öffentlicher Gehweg vorhanden ist. Erfahrungen zeigen jedoch, dass ein Gehbereich entlang der Strasse zum Schutz des Fussgängers notwendig ist und auch gleichzeitig die Übersicht auf der Kurveninnenseite verbessert.
Im Bereich der Bubendörferstrasse sind Gehbereiche vorgesehen, wo es die engen Verhältnisse ermöglichen.
Im Bereich der ganzen Hauptstrasse ist grundsätzlich eine Querneigung mit Dachgefälle vorgesehen. Die Einhaltung des Dachgefälles auch in engen Kurven unterstützt die gestalterischen Ziele. Im Bereich der Einfahrtsbremse beim Dorfausgang Richtung Lupsingen wird einseitiges Gefälle angewendet.
Der Typ der Randabschlüsse für Fahrbahn und Gehbereiche werden im Detail mit dem Ausführungsprojekt festgelegt. Grundsätzlich ist für die Fahrbahn ein abgeschrägter überfahrbarer Randabschluss vorgesehen. Wo Einfahrten fehlen und dem Schutz des Fussgängers grössere Bedeutung zukommt, sind abgesetzte Randabschlüsse vorzusehen.
Für die Randabschlüsse und Flächenpflästerungen der Gehbereiche und Vorplatzanpassungen ist als Steinmaterial roter Porphyr vorgesehen.
4.3.3 Gestaltung
Der Ortskern von Seltisberg zeigt in seiner geschlossenen Gesamtform das ursprüngliche Strassendorf mit dem Dorfplatz im Bereich der Doppelkurve und den beiden geradlinigen Strassenästen. Die Zeilenbebauung ist zum grössten Teil traufständig und parallel mit der Hauptstrasse. Einzelne Gebäude stehen schiefwinklig zur Strasse und bilden dadurch optische Versätze im Bild des Strassenraumes.
Einzelne Bauten sind als geschützte oder zu schützende Baudenkmäler registriert. Die meisten Gebäude werden als erhaltenswerte Bausubstanz oder Bauvolumen bewertet. Einzelne Neubauten sind wenig ortskerngerecht entstanden. Das Gesamtbild ist bezüglich der Aufgabe der Strassenraumgestaltung als erhaltenswert und von lokaler Bedeutung einzustufen.
Aufgrund dieser Ausgangslage wurden bei der Projektbearbeitung folgende allgemeine Zielsetzungen bezüglich Strassenraumgestaltung berücksichtigt. Dabei sind auch die Anforderungen bezüglich Verkehrssicherheit und Verkehrsberuhigung einbezogen:
- Das Gesamtbild des Strassenraumes wird grundsätzlich erhalten.
- Die Strassenlinienführung wird weitgehend beibehalten (keine Begradigungen, optische Versätze beibehalten oder verstärken), Bildung von Raumkammern.
- Für die Verkehrsberuhigung und zur Gliederung des Strassenraumes in der Länge werden neue optische Elemente und Versätze geschaffen (Baumbepflanzung, Brunnen, Mittelinseln, unterschiedliche Materialien der Gehbereiche).
- Die mit Gehrechten zu realisierenden Gehbereiche werden bezüglich Materialwahl und Gestaltung den privaten Vorplätzen angepasst.
- Im Zusammenhang mit den Vorplatzgestaltungen werden Plätze und Vorgärten aufgewertet und ortskerntypisch ausgebildet (geeignete Materialien, Strukturen, ortstypische Bepflanzung, Anpassung der Vorgärten).
- Sichtbehindernde, wenig standortgerechte Bepflanzungen sollten ersetzt werden.
Die Mehrkosten für die gestalterischen Massnahmen (teilweise Pflästerungen anstelle von Schwarzbelag, zusätzliche Bepflanzungen) betragen ca. Fr. 330 000.--, d.h. ca 4.5 % der Gesamtbaukosten.
Weitergehende Details der Strassenraumgestaltung werden bei der Bearbeitung des Ausführungsprojektes und im Rahmen der Landerwerbsverhandlungen mit den betroffenen Eigentümern festgelegt.
4.3.4 Strassenentwässerung
Gemäss Gewässerschutzkriterien, vorhandenen GEP-Studien und bestehendem Kanalnetz ergibt sich folgende Ausgangslage:
- Das Strassenoberflächenwasser kann ohne Vorbehandlung und ohne Abscheideanlagen dem Vorfluter zugeleitet werden. Der durchschnittliche Tagesverkehr liegt bei ca. 1000 Fahrzeuge/Tag und es besteht kein erheblicher Durchgangsverkehr.
- Im Siedlungsgebiet Seltisberg ist keine Versickerung möglich (Resultat der Versickerungskarte).
- In Seltisberg existiert kein Vorfluter in brauchbarer Nähe der Hauptstrasse.
- In der Hauptstrasse oder in nützlicher Nähe sind keine Regenwasserkanäle vorhanden.
- Gemäss GEP-Entwürfe sind im Trasse der Hauptstrasse kommunale Regenwasserkanäle vorgesehen.
Aufgrund dieser Situation liegt dem Bauprojekt folgendes Konzept zugrunde:
- Das Strassenwasser und zum Teil das Vorplatzwasser wird über neue Schlammsammler an die neue kommunale Regenwasserkanalisation angeschlossen, die dem Kanton als Sammelleitung dient.
- Diese kommunale Regenwasserkanalisation wird von der Gemeinde vorher oder gleichzeitig mit den Strassenbauarbeiten erstellt und muss entsprechend dimensioniert werden.
- Die neuen Regenwasserkanäle werden an den Projektgrenzen der Strassenbauabschnitte vorläufig an der Mischwasserkanalisation angeschlossen. Mit der Verwirklichung des Trennsystems über das ganze Siedlungsgebiet wird die Gemeinde diese Regenwasserkanäle den Vorflutern oder Versickerungsanlagen zuführen.
Eine Ableitung des Kantonsstrassenwassers über eine separate kantonseigene Sammelleitung im Strassenareal ist technisch denkbar, ergibt jedoch wesentliche Mehrkosten. Die Beteiligung am kommunalen Regenwasserkanal ist wesentlich günstiger, weil nur das Kaliber vergrössert werden muss. Im Kostenvoranschlag wurde für die Kostenbeteiligung des Kantons ein Drittel der Erstellungskosten für die Regenwasserkanäle eingesetzt.
4.3.5 Strassenbeleuchtung
Die Strassenbeleuchtung wird erneuert. Innerhalb der Kernzone sind Stufen-Kandelaber, tannengrün, mit Lichtpunkthöhe Lph = 5.0 m vorgesehen. Im Bereich der Mehrzweckhalle wird die bestehende Beleuchtung (Konus-Kandelaber Lph = 8.0 m) ergänzt.
4.3.6 Werkleitungen
Im Rahmen der Realisierungsetappen können die verschiedenen Werkleitungseigentümer ihre Werkleitungen erneuern. Es ist mit folgenden Werkleitungsverlegungen zu rechnen: Wasser, Kanalisation (Trennsystem), TV, EBL und Swisscom.
Leitungsführung und Bauabläufe müssen im Rahmen des Ausführungsprojektes, bei der Ausschreibung und Bauleitung koordiniert werden.
4.4 Kunstbauten
Für den Ausbau der Kantonsstrasse von Seltisberg werden ausser der Anpassung von Garten- und Umfassungsmauern keine anderen Kunstbauten benötigt.
4.5 Landerwerb
Die Korrektion der Kantonsstrassen im Ortskern lässt sich nicht ohne Veränderungen und Belastungen der im Ausbaubereich liegenden Grundstücke verwirklichen. Falls sich der Landerwerb nicht auf freihändiger Basis tätigen lässt, muss das Enteignungsverfahren durchgeführt werden.
Für die Realisierung des Ausbauprojektes muss gesamthaft in folgendem Umfang fremdes Areal beansprucht werden.
- Erwerb: ca. 1'400 m 2
- Bleibende Terrainveränderungen: ca. 5'600 m 2
- Vorübergehende Beanspruchung: ca. 3'600 m 2
- Gehrechte auf privaten Vorplätzen: ca. 1'600 m 2
Mit dem Erwerb der Gehrechte übernimmt die öffentliche Hand die Unterhalts- und Haftpflicht. Diese Gehbereiche müssen vom privaten Eigentümer für den Fussgänger dauernd freigehalten werden. Auf den mit Gehrechten erwirkten Gehbereichen darf nicht parkiert werden.
Landabtretungen und Gehrechte werden im Rahmen der Landerwerbsverhandlungen vor dem Ausbau mit jedem Landeigentümer einzeln und vertraglich geregelt.