Vorlage 1998-148: Gesetz über die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenversicherung
Landrat / Parlament || Vorlage 1998-148 vom 25. August 1998
Gesetz über die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenversicherung (AVLG)
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
Inhaltsübersicht || Gesetzesentwurf
Zurück zum vorhergehenden Teil
1.1.4 Regionale Arbeitsvermittlungszentren
Mit den regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) sollen kundenfreundliche, effiziente Kompetenzzentren für Stellensuchende und Arbeitgebende geschaffen werden, die möglichst breit akzeptiert und gut im Arbeitsmarkt verankert sind. Die Qualität von Beratung und Vermittlung der Versicherten soll verbessert und mehr Zeit für Betreuung statt für Administration verwendet werden. Das Hauptziel jeder RAV-Tätigkeit ist, Stellensuchende rasch und möglichst dauerhaft wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Die RAV müssen wenigstens folgende Funktionen anbieten:
Beratung
- Abklären der Bedürfnisse und Qualifikationslücken der bzw. des Stellensuchenden
- allenfalls Weiterleitung an weitere Institutionen
Vermittlung
- Sammlung und Bearbeitung der nötigen Informationen
- Aufbau und Pflege der Beziehungen zu den Arbeitgebenden
- Vermittlungsvorschläge und -zuweisungen
Einsatz der Stellensuchenden in aktiven arbeitsmarktlichen Massnahmen
Kontrolle und Einleitung von Sanktionen
Der intensive persönliche Kontakt mit Versicherten einerseits und Arbeitgebenden andererseits ermöglicht es den RAV auch aufzuzeigen, wo und für wen das Angebot an arbeitsmarktlichen Massnahmen verändert oder ausgebaut werden sollte. Die Dienste der Arbeitsvermittlung stehen auch jenen Stellensuchenden kostenlos zur Verfügung, die weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht sind; auf weitergehende Beratungs- und Förderungsmassnahmen haben sie allerdings keinen gesetzlichen Anspruch.
Das BWA begleitete mittels Erlass von Kreisschreiben den Aufbau der RAV. Je Kanton ist wenigstens ein RAV zu errichten. Sind mehrere RAV notwendig, gilt als Richtwert die Zahl von 1'000 Stellensuchenden je RAV. Normalerweise sollte ein RAV aus vier Personalberaterinnen und
-beratern, einer Leiterin bzw. einem Leiter und einer administrativen Kraft zusammengesetzt sein und das Verhältnis zwischen Personalberater/in und Stellensuchenden in der Regel 1:75 nicht unterschreiten und 1:150 nicht überschreiten.
Im Kanton Basel-Landschaft sind innert kürzester Zeit durch das KIGA Baselland sechs RAV aufgebaut worden - sie befinden sich in Binningen (Gorenmattstrasse 19), Gelterkinden (Dorfplatz 5), Laufen (Bahnhofstrasse 30), Liestal (Rufsteinweg 1), Münchenstein (Grabenackerstrasse 8b) und Pratteln (Muttenzerstrasse 107).
Der Bestand an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der RAV beträgt per Ende 1. Halbjahr 1998 insgesamt 67 Personen (ohne RAV-Koordination), wobei diverse Beraterinnen bzw. Berater in Teilzeitarbeitsverhältnissen angestellt sind, sodass die Vollpensen rund 59 betragen. Davon sind 12 Pensen Leitungs- und Stellvertretungsfunktionen sowie 15,3 Pensen Administration, Empfang und Kontrollbüro (die Stempelkontrolle auf den Gemeinden wurde per 1.1.1998 durch ein Kontrollgespräch auf den RAV ersetzt). Die Quote Personalberater/innen zu Stellensuchende beträgt unter Berücksichtigung aller Faktoren damit nun 1:122.
Nachdem die Jahre 1996 und 1997 als Aufbaujahre fungierten, wird das Jahr 1998 als Bestätigungsjahr für die RAV hinsichtlich ihrer arbeitsmarktlichen Wirkungen gesehen. Erste, allerdings wenig aussagekräftige Zahlen präsentierte das BWA dazu bereits zu Jahresanfang 1997 aus den ein Jahr früher gestarteten Pilotkantonen Solothurn und Waadt. Wesentlich aussagekräftiger sind die Ergebnisse einer umfassenden Befragung zur Dienstleistungsqualität der RAV, welche das BWA am 4. Juni 1998 veröffentlichte. Die repräsentative Umfrage bei rund 4'000 Stellensuchenden und rund 2'000 Personalverantwortlichen in der ganzen Schweiz hat im wesentlichen das Folgende ergeben (siehe auch Pressemitteilung des BWA vom 4.6.1998):
- Das Konzept der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren hat sich im Urteil der Stellensuchenden und der Arbeitgeberschaften bewährt.
- Die Stellensuchenden und die Arbeitgeberschaften sind mit den von den RAV erbrachten Dienstleistungen mehrheitlich zufrieden.
- Besonders die Sozialkompetenzen der Personalberater/innen erhalten gute bis sehr gute Noten.
- Hingegen ist festzustellen, dass die RAV und ihre Dienstleistungen bei den Arbeitgeberschaften noch zu wenig bekannt sind.
- Auch werden die Berufs- und Branchenkenntnisse der RAV-Personalberater/innen von beiden Seiten als noch zu wenig befriedigend beurteilt.
- Als gut oder ziemlich gut werden die arbeitsmarktlichen Massnahmen beurteilt, welche den Stellensuchenden zuteil wurden.
- Schwierigkeiten ergeben sich bei der Vermittlung oftmals aus der mangelnden Übereinstimmung von Anforderungsprofil der offenen Stellen mit den Qualifikationen der Stellensuchenden.
Das BWA hat zur Behebung der aufgedeckten Schwachstellen bereits einen Massnahmenkatatlog ausgearbeitet. Im Vordergrund steht insbesondere ein neues Ausbildungsmodul, welches die Berufs- und Branchenkenntnisse des RAV-Personals verbessern soll. Auch sollen Massnahmen ergriffen werden, um den Bekanntheitsgrad der RAV-Dienstleistungen bei den Arbeitgeberschaften zu erhöhen.
Die Untersuchung liefert in Teilbereichen auch kantonale Auswertungen. Diese decken sich weitestgehend mit den oben festgehaltenen Resultaten für die gesamte Schweiz. Darüber hinaus kann für die RAV des Kantons Basel-Landschaft festgehalten werden:
- Die RAV erfüllen eine wesentliche Aufgabe, indem sie praktisch jede 5. stellenlose Person ei-ner Massnahme zuführen und damit einerseits die Realisierung der angebotenen Plätze er-möglichen, andererseits die Qualifizierung der Erwerbslosen erhöhen.
- Die RAV erhalten gute Rückmeldungen von den arbeitslosen Personen über ihre Beratungstätigkeit. Der Einsatz der Personalberaterinnen und -berater hat dazu geführt, dass sich erwerbslose Personen - als zentralem Unterschied zu früher - nicht mehr während längerer Zeit alleingelassen fühlen und er trägt Wesentliches dazu bei, dass diverse soziale Probleme von Versicherten frühzeitig einer Lösung zugeführt werden können.
- Die RAV haben Ihre Vermittlungserfolge kontinuierlich steigern können. Die im Jahre 1997 insgesamt rund 1300 realisierten Vermittlungen in befristete und Festanstellungen bedeuten eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um ca. 60%.
- Relativ erfolgreich unter den gegebenen Umständen war insbesondere die Einrichtung eines Sub-RAV (Stellenbörse) vor Ort im Falle des Konkurses der Firma Hugo Fritschi AG in Brislach im April 1997. Ende 1997 waren dank allseitiger Bemühungen von den ursprünglich gegen 300 von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen nur noch deren ca. 10 ohne neue Stelle; im Juli 1998 waren noch 4 Personen stellenlos.
Die RAV als arbeitsmarktliche Institution sind heute weithin bekannt und akzeptiert. Es gibt jedoch noch einige Ansätze zu Verbesserungen. Diese möglichst rasch zu realisieren ist die aktuelle Herausforderung. Im Kontext der mit der Revision 1995 eingeleiteten Arbeitsmarktpolitik sind die RAV aber nicht mehr wegzudenken.
Der Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung vergütet den Kantonen die bei Erstellung und Betrieb der RAV effektiv anfallenden Kosten. Die Kostenübernahme hängt von der Erfüllung verschiedener Voraussetzungen ab. Mit der Zeit soll eine dieser Voraussetzungen die Erfüllung des Leistungsauftrages sein, den das BWA vorgibt.
1.1.5 Tripartite Kommission
Die RAV werden durch eine Tripartite Kommission sozialpartnerschaftlich begleitet und unterstützt. Der aus gleich vielen Vertretern der Organisationen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden und der Arbeitsmarktbehörde zusammengesetzten Kommission kommt primär eine Beratungsfunktion zu; sie ist nicht eine weitere kantonale Arbeitsmarktbehörde. Von Gesetzes wegen hat die Tripartite Kommission die Zustimmung zu erteilen - oder zu verweigern - wenn das RAV in Ausnahmefällen eine Arbeit für zumutbar erklärt, deren Entlöhnung geringer als die durchschnittliche Arbeitslosenentschädigung ist (Art. 16 Abs. 2 Bst. I AVIG). Der Kommission weitere Aufgaben nach Art. 85 AVIG zu übertragen, ist wenig sinnvoll, da es sich dabei meist um in grosser Menge und in kurzen Zeitabständen anfallende Tätigkeiten handelt.
1.2 Das Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG)
Die Bestimmungen über die öffentliche Arbeitsvermittlung sind in letzter Zeit nicht mehr geändert worden - sie finden sich im vierten Kapitel des Bundesgesetzes über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsgesetz, AVG) vom 6. Oktober 1989, in der Verordnung über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsverordnung, AVV) vom 16. Januar 1991 sowie in der Verordnung über Gebühren, Provisionen und Kautionen im Bereich des Arbeitsvermittlungsgesetzes (Gebührenverordnung zum Arbeitsvermittlungsgesetz, GV-AVG) vom 16. Januar 1991.
Obwohl das neue AVIG im Bereich der öffentlichen Arbeitsvermittlung viele Neuerungen mit sich brachte (siehe dazu unter Ziffer 1.1.4 Regionale Arbeitsvermittlungszentren), wurden nicht die Bestimmungen im AVG geändert - die Neuerungen fanden einzig Eingang in das Arbeitslosenversicherungsgesetz.
Das AVG trat bekanntlich am 1. Juli 1991 in Kraft. Vor diesem Zeitpunkt war nur die gewerbsmässige private Arbeitsvermittlung bewilligungspflichtig - das neue AVG brachte 1991 auch die Bewilligungspflicht für gewerbsmässigen Personalverleih. Der Regierungsrat hat damals beschlossen, mit der Überarbeitung des alten Einführungsgesetzes zum AVG noch zuzuwarten, bis die (damals schon absehbare) Revision der Bestimmungen über die öffentliche Arbeitsvermittlung zu einem späteren Zeitpunkt ein gemeinsames, neues Einführungsgesetz für beide Bundesgesetze AVIG und AVG zulässt. Geschaffen wurde damals nur eine neue Verordnung, nämlich die Verordnung vom 16. April 1991 über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih. Das alte Einführungsgesetz vom 22. Juni 1951 über die Arbeitsvermittlung wurde formell nicht aufgehoben, wurde aber durch die Totalrevision des Bundesrechts 1991 zum toten Buchstaben.
Der Zeitpunkt für neue Einführungsbestimmungen auf Gesetzesstufe auch zum AVG ist nun gekommen, siehe weiter dazu unter Ziffer 2.
1.3 Die kantonale Volksinitiative "Hilfe an Arbeitslose"
Da materiell in engem Zusammenhang stehend und noch nicht behandelt, ist im Rahmen dieser Vorlage auch auf die kantonale Volksinitiative "Hilfe an Arbeitslose" einzugehen.