v1997-032

Landrat / Parlament


Motion von Rudolf Keller: Rechtschreibereform stoppen



Geschäfte des Landrates || Hinweise und Erklärungen



Autor: Rudolf Keller, SD

Eingereicht: 6. März 1997


Nr.: 1997-032





Der Regierungsrat beantragt der Erziehungs-Direktoren Konferenz (EDK), die Rechtschreibereform nicht zu vollziehen.

Begründung:


Endlich: 47 deutsche Bundestagsabgeordnete von SPD, CDU, CSU und FDP fordern in einem Vorstoss, dass die Rechtschreibereform sofort gestoppt wird. In weiten Teilen der deutschsprachigen Bevölkerung Deutschlands, Österreichs, Liechtensteins und der Schweiz wird die geplante Rechtschreibereform abgelehnt. Momentan laufen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bayern Unterschriftensammlungen, um Volksabstimmungen gegen die Rechtschreibereform durchzusetzen. In der Schweiz ist zu diesem Thema 1996 eine Brückenbauer-Umfrage unter der Beteiligung von 3034 Leuten gemacht worden - 91% sprachen sich gegen diese Rechtschreibereform aus. Immer mehr Leute beginnen gegen die Rechtschreibereform Sturm zu laufen. So konstituierte sich in Deutschland eine "Frankfurter Erklärung" unterstützt von prominenten Leuten wie etwa Siegfried Lenz, Martin Walser, Günther Grass, Ernst Dieter Lueg und anderen mehr... Diese Bewegung findet zunehmend Rückhalt in der Bevölkerung. Germanisten, Schriftsteller, Autoren, Publizisten, Verlage, Buchhändler, Künstler, Bibliothekare, Kulturvereine, Deutschlehrer und immer mehr auch Politiker aller Schattierungen beginnen sich zu wehren.


Der deutsche CDU-Bundespräsident Roman Herzog hat zu diesem Vorhaben folgendes gesagt: "Die Reform ist so überflüssig wie ein Kropf." Er, Herzog, werde "weitermachen wie bisher... wie es meinen Gefühlen entspricht". Und der hessische SPD-Kulturminister Hartmut Holzapfel empfiehlt dem Duden, seine neue Auflage zurückzunehmen und allen Käufern eine korrekte Neuauflage im Austausch anzubieten. Holzapfel stellt fest, dass das Lexikon die neue Rechtschreibung teilweise nach Belieben, teilweise falsch umsetze.


Jetzt, da der Widerstand in Deutschland immer breiter wird, und da sich in Österreich ebenfalls Widerstand forrniert, muss dieses Problem auch in der Schweiz angegangen werden.


Es ist bedenklich, dass diese Rechtschreibereform von einer weitgehend anonymen sogenannten Expertengruppe während Jahren in aller Stille vorbereitet wurde. Die Bevölkerungen der deutschsprachigen Länder wurden regelrecht überfahren und vor vollendete Tatsachen gestellt. Sprache und Kultur darf man aber nicht einfach von oben herab verordnen, wie dies nun geschehen soll. Unbestritten ist, dass sich die Sprache wandelt. Neue Worte finden Eingang in die Sprache und einzelne Worte werden auf eine andere Weise geschrieben usw.. All dies entspricht einem normalen Sprachwandel, gegen den niemand etwas einzuwenden hat. Die neu über die Köpfe der Bevölkerung hinweg verordnete Sprache ist demgegenüber nicht historisch gewachsen, sondern eine Festlegung einiger Besserwisser, die ein elitäres Denken an den Tag legen. Die Durchführung einer solchen Sprachreform würde insgesamt mehrere Milliarden Franken kosten, die in diesen schweren Zeiten ohnehin niemand hat! Nicht nur der neue Duden machts aus, sondern beispielsweise alle Schulbücher, die neu geschrieben und gedruckt werden müssten. Auch andere Druckerzeugnisse wie Bücher, Formulare usw. müssten neu erstellt werden. Mehrere Generationen von Menschen würden zudem sinnlos gezwungen, sich eine neue Sprache anzueignen. ln der "Frankfurter Erklärung" wird gesagt, "dass diese Rechtschreibereform Millionen von Arbeitsstunden vergeudet, jahrzehntelange Verwirrung stiftet und dem Ansehen der deutschen Sprache schadet."


Der Schriftsteller Martin R. Dean erklärte im Tages-Anzeiger: "Ich habe Mühe mit der neuen Rechtschreibereform. Gerade die Eindeutschung französischer Wörter empfinde ich als Unsinn. Darüber hinaus stehen die Erleichterungen in keinem Verhältnis zum Aufwand. Ich verstehe auch das Argument deutscher Autoren, die Reform komme für Deutschland zur falschen Zeit. Ich persönlich bin grundsätzlich misstrauisch gegenüber Eingriffen von oben in die Sprache. Die Sprache sollte sich nicht über Verordnungen verändern." Und von der Schriftstellerin Ilse Aichinger lesen wir in der NZZ: "Sicher wäre eine Reform möglich, aber eine, die wie bei den Brüdern Grimm - die ahnende Intelligenz ins Recht setzt und nicht die Gedankengänge irrwitziger kleiner Beamter, die ihr Inkognito unter dem autoritären Wort "Experten" bewahren."


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