v1994-226

Landrat / Parlament


Motion von der SP-Fraktion: Anerkennung der Kinderbetreuungskosten als Gewinnungskosten im Steuerrecht



Geschäfte des Landrates || Hinweise und Erklärungen



Autor: SP-Fraktion

Eingereicht: 31. Oktober 1994


Nr.: 1994-226





Zur Festsetzung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung wird das gesamte Einkommen herangezogen, unabhängig davon, wozu es im Detail verwendet worden ist.

Die Besteuerung erfolgt nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Im verfassungsmässigen Rahmen muss überdies auch für das Steuerrecht das Prinzip der Rechtsgleichheit sowie das Willkürverbot gelten.


Das Leistungsbesteuerungsprinzip, nach welchem sich die Einkommensbesteuerung richtet, verlangt, dass bei allen die Bedürfnisbefriedigung im gleichen Grade eingeschränkt werde.


Ob diesen Prinzipien wirklich Rechnung getragen wird mit der Einordnung der Kinderbetreuungskosten in die Kategorie der Lebenshaltungskosten, erscheint seit längerem fraglich, dies vor allem dann, wenn man die unterschiedliche Lage in verschiedenen Haushalten berücksichtigt.


Zu nennen ist neuerdings der Grundsatzentscheid der Steuerrekurskommission III des Kantons Zürich (zugunsten einer alleinerziehenden berufstätigen Rekurrentin) , der zum Ergebnis kommt, dass Kinderbetreuungskosten nicht als Lebenshaltungskosten, sondern eindeutig als Berufsauslagen zu würdigen und damit als Gewinnungskosten zu anerkennen seien.


Das Problem veranschaulichen mögen die folgenden zwei Beispiele (aus "Familienfragen", Effingerstr. 33, 3003 Bern):


Familie A: Der Mann verdient monatlich Fr. 4'000.-- netto, die Frau arbeitet Teilzeit und verdient Fr. 2'000.--. Das gemeinsame Kind ist in einer Tagesschule untergebracht, wobei sich die Kosten nach dem Verdienst der Eltern richten; in diesem Falle betragen sie Fr. 800.--. Das bedeutet, dass der Ausgangspunkt der Besteuerung Fr. 72'000.- beträgt, obwohl das Familiennettoeinkommen nach Abzug der effektiven Kinderkosten bei Fr. 64'000.-- liegt.


Familie B: Der Mann verdient Fr. 6'000.-- monatlich, die Frau ist mit dem Kind zu Hause; Ausgangspunkt Fr. 72'000.--.


Beide Familien können die Kinderkosten pauschal geltend machen, und ihr jeweiliger Steuersatz unterscheidet sich vornehmlich aufgrund des dem basellandschaftlichen Recht bekannten Teilsplittings.


Dessen innere Rechtfertigung hinwiederum findet sich nach Auffassung der damaligen Spezialkommission zur Revision des Steuer- und Finanzgesetzes (Bericht der Spezialkommission vom 25. April 1986, Ziff. 7.4, Seite 20), darin, dass "in einem Haushalt, in dem beide Ehepartner mitverdienen, meist die Auslagen grösser sind." Das Teilsplitting können Ehepaaren ohne Kinder ebenso wie Ehepaare mit Kindern gleichermassen geltend machen. Während hiermit der direkte Zusammenhang mit der Einkommenserzielung offenbar bejaht und die anfallenden Mehrkosten bei der Haushaltführung, (Aufwendungen für Nahrung, Kleider und Wohnung), als abzugsfähig erachtet wurden, m.a.W. den mittelbaren Folgen der beidseitigen Erwerbstätigkeit (in pauschaler Weise) Rechnung getragen wurde, blieben die konkreten Mehraufwendungen für die Beaufsichtigung von Kindern weiterhin unberücksichtigt (resp. wurden als nicht in direktem Zusammenhang mit der Einkommenserzielung angesehen).


Dies zeigt, dass das für die Abgrenzung von abzugsfähigen/nichtabzugsfähigen (Gewinnungskosten/Lebenshaltungskosten) Aufwendungen verwendete Kriterium des "direkten oder indirekten Zusammenhanges zur Erzielung eines Erwerbseinkommens" praktisch untauglich ist und willkürliche Ergebnisse zeitigt.




(Die Regierung hatte denn auch damals die Abschaffung des Teilsplittings beantragt; schon die Kommission und in deren Gefolge der Landrat entschied aus politischen Erwägungen anders.


Im übrigen muss man für die Inkonsistenz des Abzugssystems nicht allein das Teilsplitting anführen; diese zeigt sich auch darin, dass der Lohn eines Privatsekretärs, der angestellt ist, um das private Vermögen zu verwalten, von den Steuern abgezogen werden kann. Im Unterschied hierzu wird Kindererziehung als unproduktive Investition angesehen, deren Unkosten nicht im gleichen Umfang konkret geltend gemacht werden können.)


Entsprechend beantragen wir die Änderung von § 29 Abs. 1 des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern und den Finanzausgleich vom 7. Februar 1974 (StFG) resp. von § 6 der Verordnung zum StFG vom 19. September 1974 zur Anerkennung der Kinderbetreuungskosten als Gewinnungskosten.


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