Dienstleistungen und Pflege: dritte Tagung zur Alterspolitik

30.09.2015
Rund 120 Interessierte vorab aus Gemeinden, Leistungserbringern, Sozialhilfebehörden und Altersorganisationen trafen sich heute Mittwoch, 30. September, in Liestal zur dritten kantonalen Tagung zur Alterspolitik, die sich diesmal dem wichtigen Thema „Dienstleistungen und Pflege“ widmete. Die Frage der Pflege zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen gehört zu den prioritären Themen des kantonalen Leitbildes „Älter werden gemeinsam gestalten“.

„Mit dem Thema Dienstleistungen und Pflege reden wir einerseits über die Organisationen, welche Dienstleitung und Pflege erbringen wie die Spitex oder Alters- und Pflegeheime und viele weitere – andererseits aber auch über die vielen Angehörigen, die zu Hause pflegebedürftige Menschen unterstützen“, leitete Regierungsrat Thomas Weber die dritte Tagung zur Alterspolitik ein. Und fragte weiter: Was sind nun die grossen Herausforderungen und wie können mögliche Lösungen für unseren Kanton aussehen? Eine Frage lautet beispielsweise wie wir unsere gute Gesundheitsversorgung auch im Hinblick auf die notwendige Betreuung und Pflege im Alter erhalten können? Wie bleibt Gesundheitsversorgung in guter Qualität finanzierbar? Oder wie können sich unsere Gemeinden aufstellen, um diese Aufgabe auch künftig bewältigen zu können?
Als mögliche Lösungsansätze nannte Weber drei wesentliche Pfeiler:
  • Aufbau einer integrierten Gesundheitsversorgung für die ältere Bevölkerung: Gleichzeitig ambulante und stationäre Angebote besser vernetzen
  • Kombination von Dienstleistung-, Pflegeleistung und altersgerechten Wohnangeboten
  • Bündelung der Kräfte durch Regionalisierung, um gemeinsam zu schaffen was einer Gemeinde alleine nicht möglich ist. Weber sagte, dass wir alle jeden Tag älter werden und deshalb ein grosses Interesse am Thema haben müssen.
Gabriele Marty, Leiterin der Abteilung Alter der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion, rief noch einmal die Entstehung des Altersleitbilds in Erinnerung. In diesem Leitbild ist auch die Rolle der Gemeinden in der Alterspolitik definiert. Wichtig in der Betreuung und Pflege sind die Akzeptanz, die Wohnortnähe, die Bezahlbarkeit des Angebots und die Nutzung der Angebote. Marty rief in Erinnerung, dass sich bis 2035 der Anteil der über 80-jährigen im Baselbiet gegenüber heute verdoppeln wird.

Ambulant mit stationär
Jérôme Cosandey, von der Denkfabrik Avenir Suisse in Zürich, führte aus, wie Gemeinden die Versorgungskette optimieren können. Fakt ist, dass die Alterung auch die Altersvorsorge- und pflege tangiert. Will heissen: Weil die Bevölkerung immer älter wird, sinkt auch die Anzahl der Aktiven (20-64) pro Hochalterige (80+). Die Frage lautet laut Cosandey: wie können wir die Effektivität (das Richtige tun), aber auch die Effizienz (es richtig tun) steigern. Er verwies auf zwei Studien die aufzeigen , dass ein Pflegeheim ab 90 bis 120 Minuten Pflege pro Tag günstiger ist als die Spitex. Erstens entfalle im Heim der unproduktive Anreiseweg und die Mitarbeitenden könnten aufgrund ihrer Kompetenzen besser eingesetzt werden – Hochqualifizierte für die Pflege, weniger Qualifizierte für die Betreuung. Cosandey's Paradigma lautet; „Ambulant mit stationär“. Ein gemeinsamer Auftritt der Dachorganisationen der ambulanten und stationärer Alterspflege werde immer häufiger angewandt. Cosandey empfahl den Anwesenden, immer die  gesamte Versorgungskette im Auge zu behalten.

Integriertes Versorgungssystem
Matthias von Bergen, Dozent und Projektleiter Kompetenzzentrum Public and Nonprofit-Management an der Hochschule Luzern, zeigte am Beispiel der Gemeinde Kriens und des Versorgungskonzepts „Gesundheit und Alter“ dessen Chancen und Auswirkungen auf. Hintergrund: Auch in Kriens wird die Zahl der älteren Menschen in der Gemeinde stark ansteigen. Ziel des Projekts war es insbesondere aufzuzeigen, welche Angebote die Gemeinde in Zukunft benötigt. Ergebnis der Bestandesaufnahme waren zwei unterschiedliche Entwicklungsszenarien. Das traditionelle mit einem Aufrüsten bei den Heimplätzen und das alternative mit einer Optimierung und Vernetzung des Bestehenden und einer Verringerung des Bedarfs an Heimplätzen durch alternative Angebote, also ein integriertes Versorgungssystem, welches mittel- bis längerfristig kostengünstiger sein dürfte. Von Bergen: „Wenn wir etwas tun kostet es, wenn wir nichts tun, kostet es noch mehr.

„Laboratorien“ für Zukunftsfragen
Elisabeth Simoes, Professorin am Forschungsinstitut für Frauengesundheit am Universitätsklinikum Tübingen, referierte über die Ergebnisse aus der grenzüberschreitenden Studie „Pflege und Pflegebedürftigkeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Grenzregionen seien „Laboratorien“ für Zukunftsfragen, sagte Simoes. „Wir können voneinander lernen“. Ein Ergebnis der Studie auf der Angebotsseite ist, dass  die Zusammenarbeit/Organisation verbessert werden und das Interimsangebot – Kurzzeitpflege und Entlastungsbetten – erhöht werden soll. Die Studie zeigt die starke Präsenz der Frauen in der Pflege auf – dies insbesondere auch bei der Gruppe der pflegenden Angehörigen. Die Befragung im Rahmen der Studie hat gezeigt, dass von der regionalen Politik erwartet wird, dass die Menschen, die Angehörige zu Hause pflegen, besser unterstützt werden. Wenn es günstig ist und nah würden die Befragten auch eine grenzüberschreitende Unterstützung in Anspruch nehmen.

Podiumsdiskussion
In der anschliessenden Podiumsdiskussion mit den Referenten ergänzt durch Renate Rothacher, Gemeindepräsidentin von Eptingen und Vertreterin des Baselbieter Gemeindever-bandes, VBLG, und Barbara Fischer von der Interessengemeinschaft Senioren Baselland wurden die Aussagen in den Referaten eingehend diskutiert. Grosse Beachtung auch beim mitdiskutierenden Publikum fand die Krienser Infostelle Gesundheit. Intensiv diskutiert wurde auch die Frage der Regionalisierung, um für die anstehenden Zukunftsaufgaben im Altersbereich gewappnet zu sein.

Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Basel-Landschaft, Kommunikation
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