Erbenvertretung
1. Wann muss eine Erbenvertretung eingesetzt werden?
Nach dem Tod der Erblasserin oder des Erblassers geht das gesamte Vermögen auf die Erbinnen und Erben über, das sie bis zur Teilung gemeinsam und einstimmig zu verwalten haben. Das Erfordernis des gemeinsamen Handels und der Einstimmigkeit erschwert oder verunmöglicht in vielen Fällen notwendige Verwaltungsmassnahmen.
Besteht Uneinigkeit zwischen den Erbinnen und Erben und wird eine rationelle Verwaltung des Nachlassvermögens verunmöglicht oder erheblich erschwert wird, weil einstimmige Beschlüsse über notwendige Verwaltungsmassnahmen nicht mehr möglich sind und somit die Rechte des Nachlasses gegen aussen nicht mehr gewahrt werden können (z.B. dringender Liegenschaftsunterhalt), so ist auf Begehren einer Erbin oder eines Erben durch die Zivilrechtsverwaltung BL eine Erbenvertretung (Art. 602 Abs. 3 ZGB) einzusetzen. Für die Regelung rein interner Streitigkeiten unter den Erbinnen und Erben, die nicht mit der notwendigen Nachlassverwaltung verbunden sind, oder blossen Meinungsverschiedenheiten über die Verwaltung der Erbschaft, ist die Erbenvertretung nicht angebracht.
2. Wie wird die Erbenvertretung eingesetzt?
Für die Ernennung der Erbenvertreterin oder des Erbenvertreters ist die Zivilrechtsverwaltung BL (für letzten Wohnsitz der Erblasserin oder des Erblassers im Kanton BL) zuständig. Bei der Auswahl der Erbenvertreterin oder des Erbenvertreters ist der Umfang und die Bedeutung seiner Aufgabe zu berücksichtigen, wobei natürliche Personen oder juristische Personen in Frage kommen. Die Zivilrechtsverwaltung BL wird die Erbinnen und Erben ersuchen, Wahlvorschläge zu unterbreiten und in der Regel eine Person einsetzen, welche die Unterstützung aller Miterben geniesst. Ist keine solche Person zu finden, so bezeichnet die Zivilrechtsverwaltung BL nach pflichtgemässen Ermessen eine geeignete Person, denn sie ist an die Vorschläge und Anträge der Erbinnen und Erben nicht gebunden.
Die Einsetzung der Erbenvertretung durch die Zivilrechtsverwaltung BL kann mit Beschwerde beim Regierungsrat und Kantonsgericht angefochten werden. Als Legitimationsausweis gegenüber Erbinnen und Erben, Banken, Behörden etc. dient der Erbenvertretung die Verfügung der Zivilrechtsverwaltung BL.
3. Welche Rechte und Pflichten hat die Erbenvertreterin oder der Erbenvertreter?
Die Erbenvertreterin oder der Erbenvertreter ist nur zur Verwaltung des Nachlasses und zu Verfügungen befugt, die notwendigerweise mit der Verwaltung zusammenhängen (Besorgung laufender Geschäfte, Erhaltung der Erbschaftswerte, Vertretung der Erbengemeinschaft im Prozess). Die Zivilrechtsverwaltung BL kann zudem die Aufgaben spezifisch umschreiben oder auf gewisse Bereiche einschränken (z.B. Verhandlungen mit Steuerverwaltung, Verkaufsstudie für Grundstücke, Prozessführung).
Nicht zu den gesetzlichen Befugnissen der Erbenvertreterin oder des Erbenvertreters gehören Liquidationshandlungen (z.B. Liegenschaftsverkauf) sowie die Vorbereitung und die Durchführung der Erbteilung. Es steht allerdings den Erbinnen und Erben frei, der Erbenvertreterin oder dem Erbenvertreter hiefür durch einstimmigen Beschluss ein Mandat zu übergeben.
4. Welche Rechte haben die Erben gegenüber der Erbenvertretung?
Alle Erbinnen und Erben haben das Recht, dass sie von der Erbenvertreterin oder vom Erbenvertreter gleich behandelt werden, dass sie oder er sich bei Konflikten unter ihnen neutral verhält und dass sie oder er keine Sonderinteressen vertritt. Die Erbenvertreterin oder der Erbenvertreter bzw. ist verpflichtet, auf die Interessen und Wünsche der Erbinnen und Erben Rücksicht zu nehmen. Diese haben Anspruch auf umfassende Auskunft und periodische Rechenschaftslegung (bei längerer Dauer jährliche Abrechnung, Schlussbericht und Schlussabrechnung).
Nötigenfalls können sie ihre Rechte gegenüber der Erbenvertreterin oder dem Erbenvertreter mit einer Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde durchsetzen.
5. Welcher Aufsicht untersteht die Erbenvertretung?
Die Erbenvertreterin oder der Erbenvertreter untersteht der Aufsicht durch die zuständige Zivilrechtsverwaltung BL. Diese Aufsicht beinhaltet aber keine permanente Ueberwachung. Die Zivilrechtsverwaltung BL überprüft in der Regel nur auf Beschwerde hin die formelle Amtsführung der Erbenvertreterin oder des Erbenvertreters. Hinsichtlich der Angemessenheit von Verwaltungsmassnahmen der Erbenvertreterin oder des Erbenvertreters räumt die Zivilrechtsverwaltung BL dieser/diesem einen Ermessensspielraum ein.
Die Zivilrechtsverwaltung BL hat keine endgültige Entscheidungsbefugnis inbezug auf zivilrechtliche Fragen. Dafür ist auf Klage hin das Zivilkreisgericht zuständig.
6. Welche Befugnisse hat die Aufsichtsbehörde gegenüber der Erbenvertretung?
Die Aufsichtsbehörde kann der Erbenvertreterin oder dem Erbenvertreter Weisungen erteilen, von ihr oder ihm Auskunft verlangen, sie oder ihn vorläufig im Amt einstellen oder ihn bzw. sie letztlich sogar wegen Interessenkollision, Unfähigkeit oder Pflichtverletzungen absetzen. Für die Verhängung solcher Massnahmen genügt allerdings nicht das blosse Misstrauen, sondern es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen.
Die Aufsichtsentscheide der Zivilrechtsverwaltung BL können mit Beschwerde an den Regierungsrat und das Verwaltungsgericht weitergezogen werden.
7. Wie wird die Erbenvertretung beendet?
Normalerweise dauert die Erbenvertretung bis zur Erbteilung. Zum ordnungsgemässen Abschluss gehört es, dass die Erbenvertreterin oder der Erbenvertreter der Zivilrechtsverwaltung BL den Schlussbericht mit Schlussabrechnung sowie die Honorarrechnung zur Prüfung und Genehmigung einreicht. Mit der Genehmigung und Déchargeerteilung verfügt die Zivilrechtsverwaltung BL die Aufhebung der Erbenvertretung.
Ausnahmsweise kann die Erbenvertretung schon vor der Teilung durch die Zivilrechtsverwaltung BL aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen. Legt die Erbenvertreterin oder der Erbenvertreter das Amt nieder und sind die Voraussetzungen für eine Erbenvertretung nach wie vor gegeben, bestellt die Zivilrechtsverwaltung BL eine neue Erbenvertretung.
8. Wie wird die Entschädigung der Erbenvertretung bemessen?
Die Erbenvertreterin oder der Erbenvertreter hat Anspruch auf Spesenersatz und eine Entschädigung nach dem Arbeitsaufwand zulasten der Erbschaft, die durch die Zivilrechtsverwaltung BLfestgesetzt wird. Die Vergütung pro Stunde richtet sich nach einem angemessenen berufsüblichen Ansatz (§ 15 Ziff. 18 Vo Gebühren zum Zivilrecht). Der Entscheid der Zivilrechtsverwaltung BL kann mit Beschwerde beim Regierungsrat und Kantonsgericht angefochten werden.
Back to Top