Webartikel vom 15.12.2021 Gemeindefinanzen 2020
Gemeindeabschlüsse 2020 besser als erwartet
60 Baselbieter Einwohnergemeinden konnten die Jahresrechnung 2020 mit einem Gewinn abschliessen. In zwei Gemeinden war das Ergebnis ausgeglichen und in den restlichen 24 Gemeinden gab es einen Verlust. Über alle Gemeinden resultierte ein Aufwandüberschuss von 3,8 Mio. Franken.
Der Jahresabschluss 2020 der Baselbieter Gemeinden war nicht so schlecht wie zu Beginn der Coronakrise befürchtet. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die Steuererträge nicht so stark zurückgingen wie erwartet und andererseits damit, dass die Gemeinden keine oder keine wesentlichen Mehrkosten zu tragen hatten, respektive die Mehrkosten durch Minderkosten in anderen Bereichen kompensiert werden konnten.
Im Jahr 2020 betrug der Gewinn aller Baselbieter Einwohnergemeinden vor der Gewinnverwendung 26,7 Mio. Franken. Im Rahmen der finanzpolitischen Steuerung haben die Gemeinden netto 27,2 Mio. Franken in die finanzpolitischen Reserven und 3,3 Mio. Franken in die Vorfinanzierungen eingelegt. Der von den Gemeinden für das Jahr 2020 ausgewiesene Verlust beträgt demnach 3,8 Mio. Franken.
Der Gewinn vor der Gewinnverwendung von 26,7 Mio. Franken ist durch drei einmalige Erträge beeinflusst: In Therwil wurde Land für öffentliche Werke zu Bauland umgezont. Dies führte zu einer Aufwertung von 9 Mio. Franken. In Allschwil wurde bei einem Landverkauf ein Buchgewinn von 8,7 Mio. Franken realisiert und in Oberwil wurden nicht mehr benötigte Rückstellungen im Umfang von 3 Mio. Franken aufgelöst. Ohne die finanzpolitische Steuerung und ohne die erwähnten einmaligen Erträge hätte somit über alle Gemeinden gesehen ein kleiner Gewinn resultiert.
Rückgang bei den Steuern geringer als erwartet
Ursprünglich ging der Kanton aufgrund der Prognose von BAK Economics von einem starken Rückgang der Steuererträge im Steuerjahr 2020 aus. Bereits im Juli 2020 konnte BAK die Prognose verbessern. Die effektive Entwicklung lag dann trotz angepasster Prognose über dem Erwartungswert.
Tab. 1: Veränderung des Gemeindesteuerertrags 2020 gegenüber dem Vorjahr in %
Steuerart | Prognose im Juni 2020 |
Prognose im Juli 2020 |
Effektive Jahres- rechnung 2020 |
Natürliche Personen
Einkommenssteuer |
–1,8% |
–1,0% |
–1,0% |
Natürliche Personen Vermögenssteuer |
–6,2% |
–2,7% |
–1,5% |
Juristische Personen Ertragssteuer |
–9,2% |
–7,1% |
–1,9% |
Juristische Personen Kapitalsteuer |
–80,5% |
–81,1% |
–56,1% |
Vor allem bei den juristischen Personen war der Rückgang weitaus geringer als angenommen. Beispielsweise ging man im Juni 2020 bei den Ertragssteuern von einem Rückgang von 9,2% aus und im Juli noch von 7,1%. In den Jahresrechnungen kam es im Steuerjahr 2020 aber nur zu einem Rückgang von 1,9%. Bei der Kapitalsteuer ist der Rückgang in erster Linie auf die Senkung des Steuersatzes infolge der Steuerreform 17 (SV17) zurückzuführen. Abgefedert wurden diese SV17-Ausfälle durch die teilweise Weitergabe des Bundessteueranteils durch den Kanton an die Gemeinden im Umfang von 12,3 Mio. Franken.
Grösster Rückgang der Steuererträge durch SV17 und bei den Vorjahressteuern
Insgesamt haben die Steuererträge im Rechnungsjahr 2020 um 34,5 Mio. Franken abgenommen. Davon entfielen alleine 16,5 Mio. Franken auf die Kapitalsteuern der juristischen Personen. Von den restlichen 18,0 Mio. Franken Steuerrückgang entfielen 9,9 Mio. Franken auf die Steuererträge aus den Vorjahren (Steuerjahre 2019 und früher). Lediglich 8,1 Mio. Franken des Steuerrückgangs (ohne Kapitalsteuern) entfielen auf das Steuerjahr 2020. Ein wesentlicher Teil des im Jahr 2020 verbuchten Steuerrückgangs hat somit nicht mit der Corona-Pandemie zu tun. Anzumerken ist hierzu, dass die Steuererträge des Steuerjahrs 2020 nach dem Steuerabgrenzungsprinzip und aufgrund der Prognosen von BAK Economics geschätzt sind und sich die Corona-Auswirkungen auf die Steuererträge erst definitiv benennen lassen, wenn die Veranlagungen des Steuerjahrs 2020 vorliegen.
Tab. 2: Veränderung des Steuerertrags im Rechnungsjahr 2020 in Mio. Franken
Steuerart | Total | Steuerertrag des Steuerjahrs 2020 |
Steuerertrag aus Vorjahren |
Total | –34,5 | –26,8 |
–7,7 |
Total ohne Kapitalsteuern | –18,0 | –8,1 |
–9,9 |
Total |
|
–6,5 |
|
Natürliche Personen Einkommenssteuer |
–11,7 |
–5,9 |
|
Natürliche Personen Vermögenssteuer |
–9,1 |
–1,4 |
|
Natürliche Personen Quellensteuer |
+0,8 |
+0,8 |
|
Total Juristische Personen |
|
|
|
Juristische Personen Ertragssteuer |
+2,0 |
–1,6 |
|
Juristische Personen Kapitalsteuer |
–16,5 |
–18,7 |
|
Mehr- und Minderaufwand infolge von Corona
Die Mehr- und Minderkosten der Gemeinden infolge Corona sind nicht klar messbar, da diese in verschiedenen Bereichen anfielen und nicht als solche verbucht werden. Es können einzig die Kostenentwicklungen in denjenigen Bereichen beobachtet werden, welche von Corona betroffen sein könnten. In welchem Umfang diese Verschiebungen auf Corona zurückzuführen sind, lässt sich aber nicht genau sagen.
Für die Ausfallentschädigung von insgesamt rund 4 Mio. Franken an die Institutionen der Kinderbetreuung müssen die Gemeinden voraussichtlich 2 Mio. Franken tragen. Der Kostenteiler zwischen Bund, Kanton und Gemeinden ist noch nicht definitiv festgelegt. Der voraussichtliche Gemeindeanteil musste von den Gemeinden aber abgegrenzt werden und belastet somit die Jahresrechnungen 2020. Weitere Mehrkosten, welche relativ klar Corona zugeordnet werden können, sind diejenigen der Gemeindeführungsstäbe im Umfang von 700'000 Franken. Demgegenüber gingen im Kulturbereich die Kosten um rund 1 Mio. Franken zurück.
Im Bereich der Alterspflege gab es eine Kostenverschiebung von stationär zu ambulant. Die Pflegekosten an die Pflegeheime gingen um 2,8 Mio. Franken zurück. Ebenso sank der Beitrag an die Ergänzungsleistungen aus dem Vorjahr um 7,0 Mio. Franken. Dafür stiegen die Zusatzbeiträge zu den Ergänzungsleistungen um 3,1 Mio. Franken an. Insgesamt mussten die Gemeinden im Jahr 2020 rund 6,7 Mio. Franken weniger an die stationäre Alterspflege leisten als noch im Jahr 2019. Dafür stiegen die Kosten an die Spitex um 4,5 Mio. Franken. In der Sozialhilfe sind die Kosten entgegen den ersten Erwartungen nicht gestiegen, sondern um 4,5 Mio. Franken gesunken.
Insgesamt ist es in denjenigen Aufgabenbereichen der Gemeinden, welche von Corona betroffen sind, im Jahr 2020 sogar zu leicht tieferen Kosten gekommen als im Jahr 2019. Wie bereits erwähnt, spielen bei diesen Kostenentwicklungen neben Corona auch andere Effekte mit. Auch ist es in anderen Bereichen, wie beispielsweise der Schule oder der Verwaltung, ebenfalls zu Mehrausgaben infolge von Corona gekommen, nur lässt sich dies nicht differenzieren. Es kann daher nicht eindeutig ausgewiesen werden, wie viel Corona die Gemeinden bisher insgesamt gekostet hat.
Drei Gemeinden mit einem Bilanzfehlbetrag
Das Eigenkapital aller Baselbieter Gemeinden setzt sich wie folgt zusammen: Bilanzüberschüsse und -fehlbeträge von netto 554 Mio. Franken, Vorfinanzierungen von 364 Mio. Franken und finanzpolitische Reserven von 108 Mio. Franken abzüglich PK-Bilanzfehlbeträge von 1 Mio. Franken. Insgesamt hatten die Baselbieter Einwohnergemeinden per Ende 2020 erstmals ein «eigentliches» Eigenkapital von etwas mehr als einer Milliarde Franken. Die drei Gemeinden Böckten, Nusshof und Waldenburg verzeichneten im Jahr 2020 einen Bilanzfehlbetrag. In allen anderen Gemeinden gab es erfreulicherweise einen Bilanzüberschuss. In den drei Gemeinden mit einem Bilanzfehlbetrag waren die Vorfinanzierungen kleiner als die Bilanzfehlbeträge und es waren keine finanzpolitischen Reserven vorhanden, so dass ein negatives Eigenkapital resultierte.