Webartikel vom 05.04.2023, Bevölkerungsstatistik 2022
Ausserordentliches Bevölkerungswachstum
Im Jahr 2022 ist die Kantonsbevölkerung um 1,4% auf 298’451 Einwohner/innen gewachsen. Diese aussergewöhnliche Zunahme steht in Zusammenhang mit dem Zustrom an schutzsuchenden Personen aus der Ukraine. Auch ohne Krieg wäre das Baselbiet gewachsen, denn die allgemeine Zuwanderung ist seit Jahren Treiber des Baselbieter Bevölkerungswachstums. Die fortschreitende demografische Alterung lässt sich damit aber nicht aufhalten.
Die Kantonsbevölkerung ist per Ende 2022 um 4’135 Personen auf 298’451 Einwohnerinnen und Einwohner gewachsen. Das Bevölkerungswachstum ist mit 1,4% mehr als doppelt so hoch wie im langjährigen Mittel von knapp 0,6% (inkl. 2022). Die Aufnahme schutzsuchender Personen hat massgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen. Ende 2022 waren gegen 2’200 Schutzsuchende im Kanton registriert (siehe auch Ukraine-Monitoring). Als Niedergelassene in den Baselbieter Gemeinden fliessen diese Personen in die kantonale Bevölkerungsstatistik mit ein.
Nur einmal in der Geschichte der kantonalen Bevölkerungsstatistik war die Bevölkerungszahl rückläufig. Im Jahr 1992 führte die wirtschaftliche Lage zu einem deutlichen Rückgang der Zuwanderung und damit zu einem Rückgang der Wohnbevölkerung von –0,16%.
In Zukunft gibt es mehr Todesfälle als Geburten
2022 sind im Baselbiet mehr Personen verstorben (2’912) als Kinder geboren wurden (2'443). Damit findet kein natürliches Bevölkerungswachstum mehr statt. Das Ende des natürlichen Bevölkerungswachstums hat sich in den letzten Jahren abgezeichnet und dürfte nun anhalten (siehe auch Entwicklung seit 1980 Zahlenfenster und BFS Prognose). Der Kanton dürfte demnach ab sofort einzig aufgrund von Zuwanderung wachsen.
Finden mehr Todesfälle als Geburten statt (natürlicher Bevölkerungsrückgang), spricht man auch von einem negativen Geburtenüberschuss. Dies trifft bei der Gesamtbevölkerung und der Schweizer Wohnbevölkerung zu. Die ausländische Wohnbevölkerung verzeichnet hingegen weiterhin mehr Geburten als Todesfälle. Die Zahl der Schweizerinnen und Schweizer nimmt aufgrund von Bürgerrechtswechseln zu. 2022 wechselten rund 1'100 Personen durch Einbürgerung von der ausländischen zur Schweizer Wohnbevölkerung. Der Wanderungssaldo ist bei den Schweizerinnen und Schweizern leicht, bei den Ausländerinnen und Ausländern deutlich positiv. Die zuwanderungsstärksten Altersklassen sind jene zwischen 30 und 40 Jahren – siehe auch Wanderungen nach Alter.
Unterschiedliche Wachstumsdynamik in den Gemeinden
14 der 86 Gemeinden sind 2022 je um hundert oder mehr Personen gewachsen und vereinen fast 70% der Bevölkerungszunahme auf sich. Liestal ist mit plus 501 Personen (+3,3%) absolut am stärksten gewachsen. Die Kantonshauptstadt profitiert sowohl von kantonsinternen als auch von ausserkantonalen Zuzügen. Auffallend ist auch die Zunahme der Gemeinde Läufelfingen, die innert Jahresfrist um 100 Personen, bzw. 7,8% gewachsen ist. Hier ist entsprechend viel neuer Wohnraum entstanden.
In 16 Gemeinden war die Wohnbevölkerung im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. In der Regel handelt es sich um kleine Abnahmen. Am grössten war der Rückgang in den Gemeinden Wintersingen (–3,7%) und Rickenbach (–3,3%). Bei beiden Gemeinden schlägt die Abwanderung in andere Baselbieter Gemeinden vergleichsweise stark zu Buche (siehe auch Abbildung 5).
Zuwanderung aus Basel-Stadt tiefer als 2021
In den letzten Jahren dominierten Wanderungsgewinne aus Basel-Stadt das Bild. Mit der Lage in der Ukraine sind die Zuwanderungen aus dem Ausland zum Hauptwachstumstreiber 2022 geworden. Der Wanderungssaldo gegenüber Basel-Stadt ist mit 1'596 Personen nach wie vor bedeutend und über dem langjährigen Schnitt von rund 1'200 Personen jährlich, knüpft aber nicht an das aussergewöhnlich hohe Niveau von 2021 an (2'084 Personen).
Die detaillierten Wanderungssaldi 2022 der Baselbieter Gemeinden nach Zu- und Wegzugsregion können in der nachfolgenden Abbildung via Dropdown und Tastatureingabe des Gemeindenamens abgefragt werden:
Im Hintergrund der aktuellen Bevölkerungsbewegungen schreitet die demografische Alterung voran
All die oben beschriebenen Bevölkerungsbewegungen wie Zu- und Wegzüge, Geburten, Todesfälle etc. passieren vor dem Hintergrund der demografischen Alterung. Mit jedem neuen Kalenderjahr verschieben sich die Jahrgänge um ein Altersjahr nach oben – siehe auch animierte Altersstruktur 1980+. So gelangen die geburten- und zuwanderungsstarken Jahrgänge allmählich in höhere Altersklassen. Von besonderer Relevanz sind dabei die sogenannten Baby-Boomer-Jahrgänge, die massgeblich zur demografischen Alterung beitragen (Altersprognose BL). Aufgrund des historischen Kontexts ist die Alterung im Baselbiet ausgeprägter als in anderen Kantonen. Ein Teil des Baby-Booms wurde damals aufgrund der Stadtflucht in den 50er- und 60er-Jahren von Basel-Stadt ins nahe Baselbiet verlagert.
Zuwanderung hält die fortschreitende Alterung nicht auf
Trotz Zuwanderung junger Leute nimmt die Wohnbevölkerung im höheren Alter am stärksten zu. Die Entwicklung der letzten zwanzig Jahre zeigt eindrücklich, wie sich die Alterszusammensetzung im Kanton verändert hat: Die Zahl der Kinder und Jugendlichen ist weitgehend stabil geblieben und die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter hat leicht zugenommen. Die prozentualen Anteile dieser Altersklassen schrumpfen hingegen. Der Grund liegt bei der stark zunehmenden Altersgruppe der Personen im nicht mehr erwerbstätigen Alter von 65+ Jahren. Diese Altersgruppe hat innerhalb der letzten zwanzig Jahre um über 24'000 Personen zugenommen auf einen Anteil von 22,6% an der Gesamtbevölkerung.
Wie sich diese Altersgruppen in den Baselbieter Gemeinden innerhalb der letzten zwanzig Jahren verändert haben, ist folgender Abbildung zu entnehmen: