Die Ausgrabungen in Augusta Raurica im Jahr 2021 (Teil 2)

Wie ihre Kollegen in Augst (siehe BKSDinside 1/2022) war auch die Kaiseraugster Grabungsequipe im vergangenen Jahr wegen zahlreicher Baubegleitungen, einer Sondiergrabung sowie zwei Flächengrabungen stark gefordert. Belohnt wurden sie mit einem spektakulären Fund: dem jüngsten bekannten Amphitheater im ganzen Imperium Romanum.

Ende 2021 begleitete die Kaiseraugster Grabungsequipe den Neubau des Bootshauses des Basler Ruderclubs. Dabei stiess sie auf einen ovalen Mauerring. Obwohl das Bauprojekt einen römischen Steinbruch tangierte und man deshalb an dieser Stelle überhaupt nicht mit Mauern gerechnet hatte, entpuppte sich der Fund überraschenderweise als Amphitheater. Diese Neuentdeckung ist das zweite Amphitheater im Kanton Aargau und bereits das dritte derartige Monument in Augusta Raurica. Schweizweit sind inzwischen acht solche Theaterbauten bekannt.

Das mindestens 50 Meter lange und 40 Meter breite Bauwerk wurde in der durch den aufgelassenen Steinbruch entstandenen Senke unmittelbar westlich des Castrum Rauracense errichtet. Im Süden der Anlage konnte ein grosses Tor freigelegt werden, das beidseits von zwei Seiteneingängen flankiert war. Vom westlichen Seiteneingang blieb noch die Schwelle aus Sandsteinquadern erhalten. An der Westseite der Anlage befand sich ein weiterer Zugang in die Arena mit einer grossen Sandsteinschwelle. Die Innenseite der Arenamauer war verputzt. Die Tribünen bestanden aus einer Holzkonstruktion, von der sich noch der Abdruck eines Holzpfostens nachweisen liess.

Das Amphitheater datiert aufgrund der verwendeten Baumaterialien, des Fundmaterials und der Tatsache, dass es im aufgebebenen Steinbruch errichtet worden ist, offenbar in das 4. Jahrhundert n. Chr. Es ist somit das jüngste bekannte Amphitheater des Imperium Romanum. Das neu entdeckte Monument unterstreicht erneut die Bedeutung, die das Castrum Rauracense in der Spätantike hatte.

Dicht belegte Gräberfelder und ein Räucherofen
Im Vorfeld eines Bauprojektes wurde auf zwei grossen, bisher unbebauten Parzellen in der Flur Schürmatt in Kaiseraugst sondiert. Die beiden Parzellen liegen innerhalb des spätrömischen Gräberfelds Kaiseraugst-Höll. Die 13 dokumentierten Körperbestattungen zeugen von einem relativ dicht belegten Gräberfeld. Eine Datierung der Bestattungen ist mangels aussagekräftiger Grabbeigaben kaum möglich. Aufgrund ebendieser Bestattungsart ist jedoch davon auszugehen, dass die Gräber frühestens in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. datieren.

Im Sommer 2021 löste der Neubau des Altersheims in Kaiseraugst eine Flächengrabung aus. Die vom Neubau betroffenen Parzellen befinden sich im Osten von Augusta Raurica, am Rand der antiken Stadt. Bei der Ausgrabung konnte ein umzäuntes Hofareal aus dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. freigelegt werden. Nördlich davon wurden drei Säuglinge bestattet. Während einer in einer einfachen Erdgrube vorgefunden wurde, wurden die anderen beiden Kleinstkinder in Rundziegeln beigesetzt.

Der Neubau eines Mehrfamilienhauses an der Mühlegasse in Kaiseraugst machte von Anfang September bis Ende Dezember 2021 eine weitere Flächengrabung notwendig. Es konnten handwerkliche Installationen und Siedlungsstrukturen freigelegt werden, die im Kontext der spätantiken Kastellvorstadt (suburbium) zu sehen sind. Unter den zahlreichen Funden ist ein sehr gut erhaltener Räucherofen besonders hervorzuheben.


Text: Jakob Baerlocher, Römerstadt Augusta Raurica
Fotos: Kantonsarchäologie Aargau

Bild Legende:
Kaiseraugst AG, Bootshaus Basler Ruderclub: Das neuendeckte Amphitheater
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Kaiseraugst AG, Sondierungen Schürmatt: Spätrömische Körperbestattung
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Kaiseraugst AG, Flächengrabung Altersheimneubau: Römische Säuglingsbestattung in einem Rundziegel