Aus dem Alltag einer PICTS Lehrperson (Teil 1)
Warum brauchen wir PICTS-Lehrpersonen?
Ich glaube, dass der Buchstabe «P» der wichtigste in der Abkürzung ist. Als PICTS kümmere ich mich eben nicht einfach um technische Schwierigkeiten, sondern um das Pädagogische. Es geht um das Empowerment der Lehrpersonen. Sie sollen mit meiner Unterstützung Sicherheit gewinnen, um die erlernten Unterrichtsmethoden mit den digitalen Medien selbstständig einsetzen zu können.
Lehrpersonen können mit mir eine Unterrichtssequenz gestalten, die sie mit digitalen Medien umsetzen möchten. Konkret kann das so aussehen: Wir starten mit einem Brainstorming, in dem wir gemeinsam die Rahmenbedingungen wie Umfang und Länge, Fach und Thema sowie Ziele der Unterrichtssequenz definieren. Nach dem Brainstorming teilen wir die Arbeit auf und klären, wie meine Unterstützung aussieht. Bin ich bei einer oder bei mehreren Lektionen dabei? Führe ich die Klasse in eine neue Anwendung ein? Oder bin ich nur als Backup und für Rückfragen für die Lehrperson da? Hier sieht man, dass die Tätigkeit als PICTS sehr variieren kann. Im Zentrum steht, dass sich die Lehrperson unterstützt fühlt und somit auch mehr Lust oder Mut hat, eine neue Methode im Unterricht auszuprobieren.
Welchen Mehrwert generiert PICTS?
Seitdem alle Sekundarschülerinnen und -schüler ein iPad haben, tauchen im Alltag viele kleine und grössere Probleme auf. Warum funktioniert eine App heute einwandfrei und ist am nächsten Tag unbrauchbar? Warum kann ein Lernender seine Dokumente nicht speichern? Wo kann man sich überall mit dem SBL-Account anmelden? Oder: Warum bekommt man bei jeder Teams-Nachricht auch noch eine Mail? Es gibt unzählige solcher Fragen. Auch wenn ich nicht alle sofort beantworten kann, haben meine Kolleginnen und Kollegen, aber auch die Schülerinnen und Schüler eine Anlaufstelle. Das allein kann schon Sicherheit geben.
Welche Vorteile ergeben sich für die Zukunft?
Ich bin überzeugt, dass wir PICTS durch unsere Beratungs- und Botschafterfunktion essenziell für den digitalen Wandel in der Volksschule sind. Wie lange die Arbeit der PICTS notwendig ist, lässt sich schlecht einschätzen. In fünf, zehn oder 15 Jahren sollte unsere Arbeit eigentlich überflüssig werden! Denn das Ziel ist, dass sich die Lehrpersonen selber so fit fühlen im Umgang mit den digitalen Medien, dass sie keine PICTS mehr brauchen. Bis dahin ist unsere Unterstützung jedoch wichtig. Die digitale Entwicklung geht zu schnell voran, auch in der Arbeitswelt. Da braucht es «Digital Leaders», die sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen.
Welche Highlights und Erfolge konnten Sie feiern?
Ein wiederkehrendes Highlight ist für mich, wenn Kolleginnen und Kollegen Ängste und Vorurteile gegenüber den iPads oder digitalen Anwendungen abbauen. Und wenn sie erkennen, dass es nicht ein Gerät zum Spielen ist, sondern zum Lernen, Recherchieren, Visualisieren und für vieles mehr. Und es ist toll zu sehen, wie leicht für viele Schülerinnen und Schüler der Umgang mit dem iPad ist, wie intuitiv sie Arbeitsaufträge ausführen können, alle Funktionen einer App austesten und spielerisch lernen. Als PICTS führe ich regelmässig Mikroweiterbildungen am Mittag durch, so können sie in nur 30 Minuten immer irgendetwas Hilfreiches mitnehmen. Das sind kleine und wichtige Schritte.
Ein Erfolg war das Rollout der iPads an gut 200 neue Erstklässlerinnen und Erstklässler, welches wir letzten August mit Hilfe von «iPad-Heros» durchführen konnten. Zahlreiche Schülerinnen und Schülern haben sich freiwillig gemeldet, ihre neuen Gspänli bei der Inbetriebnahme des Geräts zu unterstützen. Das ist für mich ein schönes Beispiel, wie wir auch Verantwortung an die Jugendlichen abgeben können – in einem Bereich, in dem sie oft sehr gut Bescheid wissen.
Wo gibt es Herausforderungen und Stolpersteine?
Herausforderungen zeigen sich zum Beispiel, wenn in der 3. Sek eine Bewerbung oder eine Projektdokumentation erstellt werden soll. Die Möglichkeiten bei der Textverarbeitung sind beim iPad im Vergleich zu einem Laptop etwas eingeschränkt und auch nicht unbedingt selbsterklärend. Es existieren viele Kniffe und Lösungen, doch um diese zu kennen, muss man sich vertieft mit den Microsoft-Anwendungen auf dem iPad befassen. Ein nicht zu unterschätzender Stolperstein ist, dass die Jugendlichen noch nicht so gut mit Passwörtern umgehen können und daher ab und an ein Gerät neu aufgesetzt werden muss. Das kann sehr aufwendig sein. Vor allem in der Anfangsphase, wenn das iPad neu ist, wollen die Teenager alles ausprobieren, auch während des Unterrichts. Da braucht es Regeln und auch klar definierte bildschirmfreie Zeiten. Die Umsetzung solcher Regeln beschäftigt alle Kolleginnen und Kollegen sehr. Die Klassenregeln müssen immer wieder angepasst und ausdiskutiert werden. Solche Diskussionen können auch zu Unmut führen. Schlussendlich laufen all diese Fäden bei den PICTS zusammen. Wir unterstützen, wo wir können.
Text: Michèle Dercourt, PICTS-Lehrperson, Sekundarschule Binningen
Bild: Michèle Dercourt
Foto: zVg.